Entgeltumwandlung:Lohn gekürzt, Rente erhöht?

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Der Staat fördert die betriebliche Altersvorsorge. Die Entgeltumwandlung lohnt sich für Arbeitnehmer aber oft nur, wenn der Arbeitgeber noch Geld dazugibt. Wann das Modell für beide Seiten sinnvoll ist.

Von Norbert Hofmann

Viele Arbeitnehmer tun sich schwer, Geld für den Ruhestand zur Seite zur legen. Wenn aber der Staat mit Vergünstigungen hilft, fällt es mitunter doch leichter. In der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) gibt es dieses Angebot. Schon seit 2002 haben rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltumwandlung. Das heißt: Ein Teil des Bruttogehalts fließt in die betriebliche Altersvorsorge und wird innerhalb bestimmter Grenzen von Steuer und Sozialversicherungsbeiträgen befreit. Wenn etwa ein lediger Beschäftigter mit einem monatlichen Bruttolohn von 2500 Euro auf rund 50 Euro seines Gehalts verzichtet, spart er so dank der Förderung bis zu hundert Euro für das Alter. Arbeitgeber profitieren ebenfalls von den eingesparten Sozialversicherungsbeiträgen.

Kleinere Firmen wollen sich mit der betrieblichen Altersvorsorge in der Regel nicht bereichern

Bietet sich mithilfe des Staats also eine schöne Renditechance? Ganz so beeindruckend ist es bei näherem Hinsehen dann doch nicht. "Wer Entgelt umwandelt, zahlt auch weniger in die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) ein und kürzt damit seine Ansprüche aus der Rentenkasse ", sagt Professor Oskar Goecke vom Institut für Versicherungswesen an der TH Köln. Außerdem sind die Leistungen aus der betrieblichen Altersvorsorge im Alter vollständig zu versteuern. Der Zugriff des Fiskus wird also nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Mehr als einen Stundungseffekt bringt der steuerliche Aspekt nur, wenn der persönliche Steuersatz bei Rentenbezug niedriger ist als zum Zeitpunkt der Entgeltumwandlung.

Auch die in der Rentenphase anfallenden Sozialversicherungsbeiträge mindern die Leistungen aus der Betriebsrente. "Der Empfänger muss dann sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmerbeitrag für die Krankenversicherung aus eigener Tasche bezahlen", sagt Lars Gatschke vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Bei der gesetzlichen Rente dagegen hat er nur für die Hälfte der Beiträge aufzukommen. "Berücksichtigt man dazu die geminderten Ansprüche auf die gesetzliche Rente, bringt diese Betriebsrente eher keine Vorteile. Es sei denn, der Arbeitgeber zahlt einen deutlichen Zuschuss zum Beitrag", sagt Gatschke. Die Zeitschrift "Finanztest" hat Fallbeispiele durchgerechnet. Ergebnis: Ohne Arbeitgeberzuschuss lohnt sich die Entgeltumwandlung kaum. "Die Direktversicherung hat es in Zeiten niedriger Zinsen schwer, Rendite zu erzielen, doch die hohen Abgaben im Alter bleiben trotzdem", sagt Finanztest-Redakteur Max Schmutzer. Wie es in Zukunft aussehen wird, lässt sich schwer prognostizieren. Nicht zuletzt deshalb, weil die Zinsen in den nächsten Jahrzehnten wohl auch wieder einmal steigen. "Je jünger der Betroffene ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er mit der betrieblichen Altersvorsorge dank des Zinseszinseffekts besser abschneidet", sagt Wissenschaftler Goecke. Bei der gesetzlichen Rente seien andererseits aufgrund der demografischen Entwicklung weitere Einschränkungen zu befürchten.

Hinzu kommt die Aussicht auf bessere Leistungen, wenn die Arbeitgeber einen Zuschuss zur Betriebsrente geben. Ab 2019 müssen verpflichtend alle Arbeitgeber, die bei der Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge sparen, einen Zuschuss von 15 Prozent auf den Sparbeitrag zahlen. Daraus entsteht ein zusätzlicher Rentenanspruch. "Der Arbeitnehmer erhält also mehr erstattet als das, worauf er bei der gesetzlichen Rentenversicherung verzichtet", sagt Professor Dirk Kiesewetter von der Universität Würzburg. Mit den daraus entstehenden höheren Anwartschaften könnten Betriebsrentner auch die Belastung für die Krankenversicherung in der Rentenphase bezahlen.

An der Motivation der Unternehmen, die Bereitstellung einer betrieblichen Altersvorsorge aktiv zu unterstützen, dürfte die Zuschusspflicht nach Einschätzung des Wissenschaftlers nicht viel ändern. Die meisten großen Firmen machen es ohnehin. Und kleinere Firmen, so hat er in seiner Studie festgestellt, wollen sich mit der betrieblichen Altersvorsorge in der Regel auch nicht bereichern. Wichtiger ist die Akzeptanz bei den Beschäftigten und manche mittelständische Firmen geben bei der Entgeltumwandlung häufig heute schon mehr als die eingesparten Sozialabgaben oben drauf. "Als Lohn dafür erhalten sie die Wahrnehmung als attraktive Arbeitgeber", sagt Kiesewetter.

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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