Energiestreit:Russland und Ukraine einigen sich auf höheren Gaspreis

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Russland und die Ukraine haben im Gas-Streit einen Kompromiss erzielt: Statt wie bisher 50 Dollar wird die Ukraine künftig 95 Dollar für 1000 Kubikmeter importiertes Gas bezahlen.

Russisches Gas werde in Zukunft zu einem Preis von 230 Dollar (195 Euro) an den Zwischenhändler Rosukrenergo verkauft, sagte der Gasprom-Chef Alexej Miller am Mittwoch nach Angaben der Agentur Itar-Tass.

Letzte russische Gas-Verdichterstation vor der ukrainischen Grenze nahe der südrussischen Stadt Kursk. (Foto: Foto: dpa)

Diese Firma, die zum Teil Gasprom sowie einem österreichischen Partner gehört, exportiere das russische Gas gemeinsam mit billigerem Gas aus Zentralsien zu einem Preis von 95 Dollar an die Ukraine. Bislang zahlte die Ukraine 50 Dollar an Russland sowie einen ähnlich niedrigen Preis an Turkmenien.

Der Chef des ukrainischen Energieversorgers Naftogas Ukrainy, Alexej Iwtschenko, verkündete auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gasprom in Moskau eine Preiserhöhung für den Transit von russischem Gas durch die Ukraine.

Transportgebühren

Für den Transport in Richtung in West- und Mitteleuropa erhalte die Ukraine in Zukunft 1,60 Dollar statt bisher 1,09 Dollar für 1000 Kubikmeter je 100 Kilometer Strecke.

Iwtschenko kündigte an, dass beide Seiten in Zukunft ihre Geschäfte in bar abwickeln. Bislang hatte Russland die Transitgebühren an die Ukraine in Form von Gas beglichen.

Der von Gasprom erwähnte Zwischenhändler Rosukrenergo ist nach westlichen Medienberichten ein Gemeinschaftsunternehmen, das zum weit verzweigten Firmenimperium von Gasprom sowie einer Tochter der österreichischen Raiffeisen Investment AG (RIAG) gehört.

Rosukrenergo hatte bislang den Gastransit von Turkmenien über Russland in die Ukraine abgewickelt.

70 bis 80 Milliarden Kubikmeter pro Jahr

Die Ukraine verbraucht jährlich zwischen 70 und 80 Milliarden Kubikmeter Gas. Ein Großteil davon (36 Milliarden Kubikmeter) stammte im Jahr 2004 aus turkmenischen Vorkommen. Russland lieferte 23 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Der Rest stammt aus ukrainischen Quellen.

Nach Angaben von Gasprom wird in diesem Jahr der Anteil des russischen Gases auf dem ukrainischen Markt auf 17 Milliarden Kubikmeter sinken.

EU-Energiekommissar Andris Piebalgs zeigte sich hocherfreut über die Einigung. Die EU sei "glücklich, dass beide Seiten mit der Vereinbarung zufrieden sind", sagte er. Er habe sowohl mit russischen als auch ukrainischen Vertretern gesprochen, und beide hätten ihm versichert, dass sie mit der Lösung zufrieden seien.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) begrüßte die Einigung ebenfalls. "Nicht zuletzt die intensiven Bemühungen Deutschlands und seiner EU-Partnerländer um die Sicherstellung der Gasversorgung für Deutschland und Westeuropa dürften dazu beigetragen haben", sagte Glos.

Der Wirtschaftsminister sieht in dem Gaskonflikt einen Anlass, "grundsätzlich darüber nachzudenken, wie wir unsere Energieversorgung längerfristig stärker mit in Deutschland verfügbaren Energiequellen sicherstellen können".

"Für beide Seiten profitabel und akzeptabel"

Auch die Unternehmensvertreter, die bis in die Nacht hinein verhandelt hatten, äußerten sich entsprechend. "Wir haben eine Einigung erzielt, die für beide Seiten profitabel und für beide Seiten akzeptabel ist", sagte Miller. Naftogas-Chef Iwtschenko ergänzte: "Wir gehen nun komplett zu einer Marktbeziehung über und werden in der Lage sein, auf die Bedürfnisse unserer Unternehmen zu reagieren."

Russland und die Ukraine hatten seit Wochen im Streit über ihre Gaspreise gelegen. Die Ukraine hatte jahrelang ihr Gas aus Russland zum Vorzugspreis von nur 50 Dollar pro 1000 Kubikmetern bekommen.

In diesem Winter wollte die von Moskau gelenkte Gasprom den Preis um mehr als das Vierfache auf Weltmarktniveau anheben. Als Kiew dies ablehnte, eskalierte der Streit: Am Sonntag drehte Russland der Ukraine den Hahn ab und senkte ihre Liefermengen; die Ukraine wiederum zapfte Gas aus den Transitleitungen ab und erklärte, es handele sich um Lieferungen, die ursprünglich aus Turkmenien stammten und ihr zustünden.

Massiver Druck aus der EU

Am Montag war durch den Streit in Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern die Gasversorgung um mehr als ein Drittel abgesackt. Nach massivem Druck aus der EU normalisierten sich die Lieferungen am Dienstag wieder.

Durch die Kompromisslösung können nun beide Länder ihr Gesicht wahren. Gasprom-Sprecher Sergej Kuprijanow sagte, Russland habe keinesfalls der Ukraine zu große Zugeständnisse gemacht. "Russland verliert nichts", sagte er.

Unter dem Konflikt habe das Image beider Länder gelitten. Dank seiner Verhandlungsführung sei Russland aber gestärkt daraus hervorgegangen. "Gasprom hat gezeigt, dass es Europa ohne Einschränkung beliefern kann."

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