Energiemarkt:Die Renaissance der Zeche

Lesezeit: 2 min

Wegen steigender Gaspreisen könnte die Steinkohle zur tragenden Säule bei der Modernisierung der deutschen Kraftwerke werden.

Nach einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting werden die Stromkonzerne voraussichtlich statt auf relativ umweltfreundliche Gaskraftwerke verstärkt auf neue Kohlekraftwerke setzen, wie die Financial Times Deutschland berichtete.

Die Zeche Walsum in Duisburg. (Foto: Foto: dpa)

Grund dafür sei, dass ein Anstieg der Gaspreise und ein Rückgang des Weltmarktpreises für Kohle erwartet werde. Die deutschen Stromkonzerne müssen in den nächsten zwei Jahrzehnten veraltete Kraftwerke mit einer Kapazität von 40.000 Megawatt ersetzen.

Bislang gingen Experten davon aus, dass bei der Modernisierung Gaskraftwerke bevorzugt werden, weil sie im Vergleich zu Kohlemeilern die Umwelt weniger belasten und effizienter arbeiten.

Ausschlaggebend für die Entscheidungen über Investitionen ist nach dem Ergebnis der Studie jedoch die von den Unternehmen erwartete langfristige Entwicklung der Energiepreise.

Gaskosten steigen

Die Gaskosten würden in den nächsten Jahren um 20 bis 30 Prozent steigen, weil zwischen 2010 und 2015 die Vorkommen in Großbritannien und auf dem europäischen Kontinent erschöpft seien. Zugleich werde der Weltmarktpreis für Kraftwerkskohle auf ein Niveau zwischen 40 und 50 Dollar pro Tonne sinken.

Grund sind nach Einschätzung der Beratungsfirma die hohen Investitionen der wichtigsten Förderländer in zusätzliche Minen. In diesem Sommer lag der Preis wegen der hohen Nachfrage aus China noch bei 70 Dollar pro Tonne.

Neue Zeche im Ruhrgebiet?

Nach Einschätzung des Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Norbert Walter, haben Neuinvestitionen in die deutsche Kohle kaum Chancen.

Walter reagierte damit auf das Vorhaben von RAG-Chef Werner Müller, nach jahrelangem Schrumpfen des Bergbaus angesichts explodierender Weltmarktpreise für Kokskohle eine neue Zeche im Ruhrgebiet zu bauen.

Sollte Kohle wieder verstärkt genutzt werden, könne es angesichts der Kosten immer nur um Importkohle gehen, sagte Walter in einem dpa-Gespräch. "Man darf jedoch nicht die umweltpolitischen Ziele aus den Augen verlieren."

"Jahrelang eingeübte Stereotypen"

Daher müssten Energiespar-Technologien und der Umstieg auf erneuerbare Energien in den Vordergrund der Überlegungen rücken. Aber auch Erdgas sei umweltfreundlich, wobei Walter vor einer zunehmenden Abhängigkeit vom Gasexporteur Russland warnte.

RAG-Chef Müller hatte seine Pläne für eine neue Zeche zuvor verteidigt. Eine neue Rohstoffstrategie für Deutschland müsse "ohne die gegenwärtigen ideologischen Scheuklappen und jahrelang eingeübten Stereotypen" entwickelt werden, forderte der Chef des Bergbau-Konzerns am Vortag.

Müller erhofft sich von einem solchen Schritt eine Jahresförderung von rund 2,5 Millionen Tonnen und 3000 Arbeitsplätze. Dass sich diese Investition lohnt, begründete er mit der Erwartung, dass Kokskohle und Koks auf den Weltmärkten auch längerfristig knapp und teuer sein werden.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: