Energieabkommen fraglich:Krisenstimmung vor EU-Russland-Gipfel

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Russland und die EU wollten kommenden Freitag neue Gas- und Ölverträge vereinbaren. Dazu wird es kaum kommen - die Spannungen mit Moskau wachsen, und neue Pipeline-Pläne in Zentralasien stören Energiebemühungen der EU.

Auf dem EU-Russland-Gipfel am kommenden Freitag sollte eigentlich der Startschuss für ein neues Energieabkommen fallen. Ob allerdings Präsident Wladimir Putin, Kanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso zur Unterzeichnung des Papiers kommen, ist derzeit mehr als fraglich.

Mit dem neuen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen will die EU die Beziehungen zu Russland auf eine neue Grundlage stellen. Die Europäer pochen auf eine schriftliche Vereinbarung, da ein Viertel ihrer Gas- und Ölimporte aus den Weiten Russlands kommt.

Doch die Realität sieht anders aus. Statt Partnerschaft gibt es Streit, eine neue Eiszeit droht. Nur ein Detail von vielen: Putin ließ sich 48 Stunden Zeit, um dem als US-freundlich geltenden Nicolas Sarkozy zum Sieg in der französischen Präsidentenwahl zu gratulieren.

Das Grundproblem Moskaus

Gleich mehrere Konflikte belasten derzeit nachhaltig die Beziehungen. Da ist zunächst das große Grundproblem: Die EU erweiterte sich in die Gebiete des einstigen Warschauer Paktes und der früheren Sowjetunion hinein. Das bleibt der einstigen Weltmacht ein Dorn im Auge.

Dazu gibt es Streit um polnische Fleischexporte, die Russland beanstandet. Warschau hat aus Protest sein Veto gegen das Partnerschaftsabkommen eingelegt. Zwar hatte Brüssel Moskau mehrfach aufgefordert, das Handelsembargo gegen Polen aufzuheben. Doch geschehen ist diesbezüglich in den vergangenen Tagen nichts.

Streit mit Warschau und Tallinn

Ein von dem russischen Landwirtschaftsminister Alexej Gordejew an die EU-Kommission gerichteter Brief zur Klärung der Frage sei unzureichend, machte ein Kommissionssprecher deutlich.

Außerdem kritisiert Russland die Verlegung eines sowjetischen Ehrenmals aus dem Zentrum der estnischen Hauptstadt Tallinn. Probleme gibt es auch bei Energie-Lieferungen aus Russland und Verzögerungen bei der Abschaffung von Überfluggebühren für europäische Fluglinien über Sibirien.

Auch der Streit zwischen Russland und den EU-Staaten Polen und Tschechien über die Stationierung eines US-Raketenschilds auf ihrem Gebiet belastet das Klima, selbst wenn er nicht Thema des Gipfels sein soll.

Neue Pipeline torpediert Bemühungen

Unterdessen hat Moskau am Wochendende ein neues Pipeline-Abkommen zwischen Russland, Turkmenistan und Kasachstan vereinbart. Diese Vereinbarung Russlands mit zwei seiner ehemaligen Sowjetrepubliken torpediert Bemühungen aus Europa und den USA, mehr Unabhängigkeit in der Energieversorgung zu erreichen.

Die Vereinbarung sieht den Bau einer Pipeline an der Küste des Kaspischen Meeres vor. Durch sie soll turkmenisches Erdgas über Kasachstan und Russland in den Westen geliefert werden. Bis 2012 werde die Pipeline eine Kapazität für die Durchleitung von 20 Milliarden Kubikmetern Gas erreichen, sagte der russische Präsident Wladimir Putin bei Bekanntgabe der Übereinkunft in Aschgabat.

Die Kosten belaufen sich nach Schätzungen auf etwa eine Milliarde Dollar (740 Millionen Euro), wie die Nachrichtenagentur ITAR-Tass meldete.

Die Präsidenten der drei Länder wiesen ihre Regierungen an, bis zum 1. September die Einzelheiten der Vereinbarung festzulegen. Mit dem Bau der Pipeline soll laut Putin Mitte 2008 begonnen werden.

© sueddeutsche.de/Reuters/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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