Energie:Freenet verkauft Strom vom Ex

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Mit Mobilcom, dem Vorläufer von Freenet, scheiterte der ehemalige Konzernchef Gerhard Schmid - jetzt versucht er es mit Strom.

Der Telefon- und Internetanbieter Freenet verkauft ab sofort auch Strom. Die Kunden könnten in Zukunft zwischen einem Ökostromtarif und einem weiteren Angebot wählen, teilte das Unternehmen am Dienstag in Hamburg mit. Kunden zahlen für Normalstrom die gleiche Grundgebühr wie beim örtlichen Versorger, der Strom selbst ist einen Cent pro Kilowattstunde günstiger. Verbraucher könnten die Tarife ab sofort in allen Freenet-Filialen bestellen. Die Telekommunikationsfirma ist damit der erste größere neue Stromanbieter, der seine Produkte auch in Läden und nicht nur über Internet oder Telefon vertreibt. Mit dem Einstieg in das Stromgeschäft jedoch folgt Freenet dem Beispiel der Telefongesellschaft Teldafax, die bereits im Stromhandel aktiv ist.

Der ehemalige gescheiterte Mobilcom-Chef Schmid bietet jetzt unter Freenet Strom an. (Foto: Foto: dpa)

Preislich können laut Branchendienst Verivox aber beide Tarife nicht mit den Angeboten von Wettbewerbern mithalten. Ein Vergleich der Freenet-Angebote für zehn große Städte habe gezeigt, dass es immer günstigere Angebote gebe, erklärte der Branchendienst aus Heidelberg. Ein Berliner Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden zahle bei Freenet beispielsweise zwar 40 Euro weniger als im Grundversorgungstarif. Der günstigste Anbieter mit Vorkasse sei aber ganze 190 Euro günstiger, das billigste Angebot ohne Vorkasse liege 64 Euro unter dem Freenet-Angebot.

Andere Wettbewerber günstiger

Beim Ökostromtarif sei oft sogar das entsprechende Angebot des lokalen Versorgers günstiger. Bei den Wettbewerbern fanden sich in allen Fällen günstigere Tarife.

Unklar ist bislang die genaue Herkunft des Ökostroms von Freenet. Der hinter dem Produkt stehende Anbieter Bonus Strom gibt nur an, der Strom stamme zu 100 Prozent aus regenerativen Energien. Ein unabhängiges Gütesiegel wie andere Ökostrom-Anbieter hat das Angebot derzeit laut Branchendienst Verivox nicht aufzuweisen. Auch eine Freenet-Sprecherin konnte dazu keine Angaben machen. Es ist auch möglich, Strom aus herkömmlichen Kohle- oder Atomkraftwerken im Nachhinein über Handel mit Zertifikaten als Ökostrom zu zertifizieren.

Geschäftsführer des Anbieters, der norddeutschen Bonus Strom, ist Gerhard Schmid. Er ist Gründer und langjähriger Vorstandschef der Freenet-Vorläuferfirma Mobilcom. Damit meldet sich Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid im Wirtschaftsleben zurück. Das Schleswiger Energieunternehmen gehört seiner Ehefrau Sybille Schmid-Sindram.

Schmid hatte den Mobilfunkdienstleister Mobilcom 1997 als erste Firma an den Neuen Markt gebracht und sich mit der Deutschen Telekom eine Preisschlacht geliefert.

Strom nach einem ähnlichen Muster wie bei Mobilcom

Ein Streit mit dem französischen Telekommunikationskonzern France Telecom, damals Hauptaktionär von Mobilcom, und das Platzen der Internetblase brachte den Wiederverkäufer von Telefonminuten an den Rand einer Pleite. In der Folge musste Schmid seinen Stuhl als Mobilcom-Chef räumen und alle Anteile an der Firma verkaufen. Mobilcom wurde später mit ihrer früheren Tochter Freenet verschmolzen.

Noch heute kämpft Schmid um sein damaliges Vermögen. Mit einer milliardenschweren Schadensersatzklage gegen France Telecom war er allerdings vor dem Landgericht Frankfurt vor kurzem gescheitert.

Bei Bonus Strom verfährt Schmid nach einem ähnlichen Muster wie früher bei Mobilcom. Er nutzt die Preisspielräume im liberalisierten Markt aus und bietet Tarife an, die günstiger als sogenannte Sondertarife der Stadtwerke sein sollen.

© dpa/AFP/rtr/ang/mah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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