Emissionsrechtehandel:Für eine Hand voll Zertifikate

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Eigentlich sollte der Handel mit Verschmutzungsrechten das Umweltschutz-Instrument der Zukunft sein. Doch vier Wochen vor seinem Start zeigt sich: Es ist zunächst eine gewaltige Umverteilungsmaschine, die bald in Gang kommt.

Von Michael Bauchmüller

Mit dem Emissionsrechtehandel wurde in erster Linie eine neue Währung geschaffen, die nun 495-millionenfach auf den Markt kommt, in Form von Zertifikaten, die derzeit zwischen acht und neun Euro wert sind.

In Zahlen ausgedrückt: Die Bundesregierung vergibt jährlich den Gegenwert von 4,2 Milliarden Euro - kostenlos.

Es ist deshalb kein Wunder, dass alle Unternehmen versucht haben, sich über die verschiedenen Sonderregeln möglichst viele Zertifikate zu sichern. So viele, dass es nun eine Übernachfrage von 14 Millionen Tonnen gibt, welche die Wirtschaft gemeinsam schultern muss.

Es ist anzunehmen, dass dies Mehr nur ein Bruchteil dessen ist, was die Unternehmen gerne für sich herausgeschlagen hätten. Wo solche Summen verteilt werden, möchte jeder etwas abbekommen.

Unverblümte Forderungen

Geradezu unverschämt aber ist die Forderung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, die Bundesregierung möge nun die Gesamtmenge der Emissionsrechte in Brüssel nachverhandeln.

Frei nach dem Motto: Wenn die Unternehmen mit vier Milliarden nicht auskommen, dann gebt ihnen eben fünf! Genau darauf würde es hinauslaufen, wenn nun nachträglich das gesamte deutsche Emissionsbudget erhöht würde.

Jeder will das Beste für sich herausschlagen

Die Tatsache aber, dass jedes sechste Zertifikat unter die so genannte "Optionsregel" fällt, macht die Gründe deutlich.

Die Optionsregel war von der Wirtschaft selbst gefordert worden, und sie hat eine große Hintertüre: Wenn sich die EU-Kommission durchsetzt, bräuchten diejenigen Unternehmen, die eine Option auf die Üppigere von zwei möglichen Varianten gewählt haben, überschüssige Zertifikate später nicht zurückzugeben.

Auch Härtefälle, so ist zu hören, gab es in der Antragsphase reichlich. Vermutlich ist dies der menschliche Zug am Emissionshandel: Jeder hat versucht, das Beste herauszuschlagen, nur einige haben es geschafft. Die Verlierer werden deshalb für eine Hand voll Glücklicher mitbezahlen. Nun aber den Staat zu drängen, auch die Verlierer zu beglücken, ist billig.

© SZ vom 04.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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