EM.TV:Neue Vorwürfe gegen die Brüder Haffa

Lesezeit: 2 min

Unabhängig davon, wie der Bundesgerichtshof über die Revision der früheren und Börsenlieblinge Thomas und Florian Haffa entscheidet — den Ex-Chefs von EM.TV droht schon der nächste Prozess.

Von Kristina Läsker

Egal, ob die Karlsruher Richter das Urteil des Landgerichts München am Donnerstag bestätigen oder aufheben - beide Brüder wurden zu hohen Geldstrafen wegen unrichtiger Darstellung der Firmenverhältnisse verurteilt -, den Haffas droht neues Ungemach.

In einem anderen Zusammenhang wurde der Vorwurf laut, sie hätten bereits 1999 Scheingeschäfte getätigt und mit einer falschen Ad-Hoc-Mitteilung den Kurs der EM.TV-Aktie gestützt.

Der neue Verdacht ergibt sich aus einem Zivilprozess, der am Mittwochmorgen am Landgericht München I begann (Aktenzeichen 21 0 156 95 / 04) und den die Richter - kaum hatten sie die Sitzung eröffnet - an die Münchner Staatsanwaltschaft weiterleiteten.

Erneut die Staatsanwaltschaft eingeschaltet

"Das Ganze hier hat einen strafrechtlichen Einschlag", begründete der Vorsitzende Richter Thomas Kaess die Entscheidung, das Verfahren nun in die Hände derjenigen Staatsanwälte zu legen, die sich bereits früher mit den Ex-EM.TV-Chefs befasst haben.

Stein des Anstoßes ist eine Klage, welche die heutige EM.TV unter ihrem neuen Vorstandschef Werner Klatten angestrengt hat. Mitte 2004 hatte die EM.Entertainment GmbH, eine 100-prozentige Tochter der EM.TV AG, ihren ehemaligen Geschäftspartner Victory Media auf vier Millionen Euro Schadensersatz verklagt.

Hintergrund

Ein Vertrag der Beteiligten aus 1999, den beide nicht oder nur in Teilen eingehalten haben. Darin soll sich die Fondsgesellschaft Victory verpflichtet haben, über fünf Jahre jeweils zwölf Millionen DM an die Münchner Medienfirma zu zahlen.

Für insgesamt 60 Millionen Mark wurde Victory das Recht eingeräumt, sich an den Produktionen von Kinder- und Jugendfilmen zu beteiligen - und damit ihre Fonds zu bestücken.

In einer Ad-Hoc-Mitteilung vom 20.Dezember 1999 schrieb EM.TV: "Der Koproduktionsvertrag wird zur Finanzierung von 100 hochwertigen Zeichentrickserien beitragen." Das Produktionsvolumen belief sich laut Ad-Hoc 1,5 Milliarden Mark.

Doch tatsächlich ist nach Vertragsschluss kaum Geld geflossen, noch wurde viel produziert. Im ersten Jahr zahlte Victory etwa 2,5 Millionen Euro, Ende 2000 kündigte die Firma den Vertrag. "Da war uns klar, dass EM.TV den Vertrag nicht erfüllen wird", sagte Victory-Vorstandschef Franz Landerer.

Sein Vorwurf: "EM.TV hat den Deal nur abgeschlossen, um zur Kurspflege Umsätze buchen zu können." Doch mit dieser Aussage belastet Victory sich selbst: Die Firma habe "eingewendet, die 60 Millionen Mark seien nur zum Schein in den Vertrag aufgenommen worden", sagte der beisitzende Richter Peter Guntz.

Sollte dies stimmen, so argumentieren die Richter, hätten die Firmen Scheingeschäfte durchgeführt und EM.TV hätte mit der Ad-Hoc-Mitteilung womöglich den Aktienkurs stützen wollen - was strafbar wäre.

"Es wäre denkbar, dass der Vorgang wegen strafrechtlich relevanter Verstöße gegen das Aktienrecht zu prüfen ist", bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Zu den Verstößen gehörten möglicherweise unrichtige Darstellung und Kursbetrug.

Bei EM.TV sieht man das anders: "Wir haben aufgrund der vorliegenden Dokumente keinerlei Hinweise, dass es sich bei dem vom früheren Vorstand abgeschlossenen Vertrag um ein Scheingeschäft handeln könnte", sagte ein Sprecher. Am 8. Juni werden die Zivilrichter verkünden, wie der Prozess weitergeht.

© SZ vom 16.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: