Eine Lüge und ihre Folgen:Der bittere Abschied des Sonnenkönigs

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BP-Chef Lord Browne stolpert über eine Lüge vor Gericht: Der für seinen selbstherrlichen Stil bekannte Konzernchef wollte verhindern, dass sein Ex-Geliebter auspackt. Nun muss er Hals über Kopf den Posten räumen.

Es ist ein Drama, das sich am Ende zu einer Schmierenkomödie entwickelte. Der vorzeitige Abtritt des BP-Konzernchefs John Browne ist aber auch ein Lehrstück für die Enthüllungssucht der britischen Boulevardpresse.

BP-Chef Lord war es offensichtlich peinlich, wie er seinen Ex-Geliebten kennengelernt hatte. Deswegen log er vor Gericht, was ihm zum Verhängnis wurde. (Foto: Foto: Reuters)

Für diese war es ein gefundenes Fressen, dass Browne ein Verhältnis zu einem anderen Mann hatte. Dieser hat nach der Trennung eine heiße Story über die gemeinsame Liaison an die Mail on Sunday verkauft - offenbar aus Rachsucht, aber auch aus Geldgier. Das Boulevardblatt soll Brownes Ex-Geliebten, dem Kanadier Jeff Chevalier, 200.000 Pfund gezahlt haben.

Ein Gericht entschied nun, dass die Story gedruckt werden darf, und stellte nebenbei fest, dass Browne gelogen hat. Der Mann, der den Konzern zwölf Jahre lang geführt hat und wegen seines selbstherrlichen Stils ,,Sonnenkönig'' genannt wurde, musste daraufhin seinen Posten Hals über Kopf räumen.

Stabwechsel war für Juli geplant

Ursprünglich wollte der 59-Jährige sein Amt erst im Juli abgeben, nun wird der BP-Manager Tony Hayward ihm mit sofortiger Wirkung folgen.

Browne versuchte in den vergangenen Wochen, die Veröffentlichung über sein Privatleben per Gericht zu verhindern. Denn es gibt in der Tat offenbar keinerlei Anhaltspunkte, dass - wie Chevalier behauptet - Gelder des Ölkonzerns für private Zwecke missbraucht worden sind. So hatte Chevalier mit Brownes Hilfe unter anderem versucht, eine Firma für Klingeltöne zu gründen.

Browne beging jedoch den Fehler, dass er dem Richter eine unwahre Geschichte darüber auftischte, wie er Chevalier einst im Jahre 2002 kennengelernt hatte - und zwar nicht zufällig beim Joggen im Londoner Battersea Park, sondern über einen der einschlägigen Internet-Dienste in der Londoner Schwulenszene.

Klagen in den USA

Mit dieser ,,Lüge'', nicht aber mit den Vorlieben in seinem Privatleben, war das Schicksal Brownes bei BP besiegelt. Denn BP muss sich demnächst mit Klagen wegen Vernachlässigung der Sicherheitsstandards in den USA auseinandersetzen. ,,Die Amerikaner hätten doch nur gelacht, wenn ein der Lüge überführter Vorstandschef als Zeuge vor Gericht ausgesagt hätte'', meint ein Insider.

BP zählt zu den Unternehmen, die das offene Leben von Homosexuellen am Arbeitsplatz fördern. So erlaubt der Konzern zum Beispiel Netzwerke von homosexuellen Mitarbeitern im Unternehmen. Außerdem gibt es eine Stelle zur Gleichstellung von homosexuellen Mitarbeitern.

Ähnlich offen verhalten sich in Deutschland nach Angaben des Bundesverbands schwuler Führungskräfte nur wenige Unternehmen wie etwa Ford, IBM oder die Deutsche Bank.

Für den 59-jährigen Lord Browne, der wegen seiner Verdienste als Unternehmenschef 1988 von der Queen zum Ritter geschlagen wurde, ist es ein bitterer Abschied.

Er hat aus dem einst verschlafenen Unternehmen einen der am schnellsten wachsenden Ölkonzerne gemacht. Er verliert durch seinen vorzeitigen Rücktritt nicht nur sein Abfindungspaket von 3,5 Millionen Pfund (5,1 Millionen Euro), sondern weitere zwölf Millionen Pfund in Aktien.

Keine Schonfrist für den Nachfolger

Auf eine Schonfrist kann Brownes Nachfolger Hayward nicht bauen: Der 49-jährige Manager muss dafür sorgen, dass der angeschlagene Ruf des Konzerns wiederhergestellt wird.

Bei einem schweren Unfall im Jahre 2005 in einer texanischen BP-Raffinerie starben 15 Arbeiter und 170 Menschen wurden verletzt. In einem Anfang des Jahres veröffentlichen Untersuchungsbericht wurde dem Konzern vorgeworfen, er habe eklatante Managementfehler begangen und Sicherheitsstandards missachtet. Harsche Kritik musste BP zudem wegen eines Lecks in einer Pipeline im US-Bundesstaat Alaska einstecken.

Hayward muss sich auch um die strategischen Weichenstellungen bei BP kümmern. Das Unternehmen ist gegenüber dem Branchenführer Exxon zurückgefallen.

Abspaltung möglich

So halten Analysten eine Abspaltung des Raffinerie- und Verarbeitungsgeschäfts durchaus für möglich. Dies würde an der Börse mit einer Wertsteigerung von bis zu 20 Prozent honoriert werden, heißt es in Londoner Finanzkreisen.

Hayward leitet bislang bei dem Öl-Multi die Exploration und Produktion. Der gelernte Geologe war früher Assistent von Browne, doch er hat sich im Laufe seiner Karriere nicht gescheut, seine Unabhängigkeit gegenüber dem machtbewussten Browne zu beweisen.

,,Die Spitze des Unternehmens hört nicht aufmerksam genug auf das, was die Basis sagt'', schrieb Hayward Ende vergangenen Jahres in einem internen Rundbrief. Dieses Schreiben sahen Insider bereits als Anfang vom Ende der Ära Browne.

© SZ vom 03.05.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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