Ein Buch und seine Wirkung:Die Logik der Freiheit

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Friedrich A. von Hayeks "Weg zur Knechtschaft" ist vor 60 Jahren erstmals erschienen.

Von Nikolaus Piper

Selten schafft es einmal ein Ökonom, mit einem Buch das breite Publikum aufzurütteln. Eine große Ausnahme bildet Der Weg zur Knechtschaft, jenes legendäre Buch des späteren Nobelpreisträgers Friedrich A. von Hayek, dessen 60. Erscheinungstag in diesem Jahr gefeiert wird.

Ein Jahr vor Kriegsende popularisierte Hayek damit im Londoner Exil seine in den zwanziger und dreißiger Jahren gewonnenen Überzeugungen, vor allem die These, dass jeder Planwirtschaft eine Tendenz zum Totalitarismus innewohnt und dass es keinen Mittelweg zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft geben kann.

Zwei Etappen

Der Weg zur Knechtschaft hat zentrale Bedeutung für jene Ideen, die man heute, leicht missverständlich, als "Neoliberalismus" bezeichnet: die Überzeugung, dass ökonomische Probleme am besten über freie Märkte gelöst werden, dass Eigentumsrechte gewahrt werden sollen und der Anteil des Staates zurückgeführt werden sollte.

Einprägsam besonders Hayeks Begründung, warum Planwirtschaft und Demokratie nicht zusammenpassen: "Wenn Menschen dahin kommen, dass es eine zentrale Planwirtschaft geben muss, aber über die Ziele verschiedener Ansicht sind, so läuft das ungefähr auf dasselbe hinaus, wie wenn eine Gruppe von Personen sich zu einer gemeinsamen Reise entschließen würde, ohne sich jedoch über das Reiseziel einig zu sein, was zur Folge hat, dass sie alle eine Reise unternehmen müssen, die die meisten ganz und gar nicht machen wollen."

Die Wirkungsgeschichte des Buches zerfällt in zwei Etappen. Auf liberale Ökonomen und Politiker der vierziger Jahre wirkte es elektrisierend. Hayek wirkte an der Neubelebung marktwirtschaftlichen Denkens nach dem Zweiten Weltkrieg und damit auch am Aufbau der Sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik mit.

Auch John Maynard Keynes, in den meisten ökonomischen Fragen ein Gegner Hayeks, begrüßte den Weg zur Knechtschaft enthusiastisch, er meinte nur einschränkend, dass es doch ein Unterschied sei, ob gutwillige oder böswillige Menschen in die Wirtschaft eingriffen - 1944 ein durchaus nahe liegender Gedanke.

In den fünfziger und sechziger Jahren wurde es still um Hayek. Sein den "Sozialisten in allen Parteien" gewidmetes Buch wurde erst wieder entdeckt, als die Wohlfahrtsstaaten in den siebziger Jahren in die Krise gerieten. Die zweite deutsche Auflage erschien 1971, im Jahre 1974 wurde Hayek mit dem Wirtschafts-Nobelpreis ausgezeichnet.

Heute sind Hayeks Begriffe - vom "Markt als Entdeckungsverfahren" bis zum "angemaßten Wissen" der Wirtschaftsplaner - Allgemeingut an den Universitäten.

Amartya Sen, der eher der politischen Linken zuneigende Wirtschafts-Nobelpreisträger von 1998, hat jetzt in der Financial Times Hayeks Buch eine überraschende Reverenz erwiesen. Hayek habe es geschafft, Märkte und andere Institutionen "hinsichtlich des Beitrags zu beurteilen, den sie zur Förderung der Freiheit leisten".

© SZ vom 25.09.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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