E-Auto-Firma:Die Revolution lässt warten

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Ultra-schick, aber für öffentliche Straßen ungeeignet: der FFZero1. (Foto: AFP)

Die Zweifel wachsen, ob das Unternehmen Faraday-Future je E-Autos herstellen wird. Sie hat offenbar Schwierigkeiten, Rechnungen zu bezahlen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es war eine Präsentation, die an die großmäuligen Vorträge aus der Dot-Com-Zeit vor 15 Jahren erinnerte: Der kalifornische Autohersteller Faraday Future hatte im Januar während der Technologiemesse CES in Las Vegas zu einer pompösen Veranstaltung direkt neben dem Strip mit den leuchtenden Casinos und Hotels geladen. Entwicklungschef Nick Sampson lobte sein Unternehmen als revolutionär für die Automobilbranche, er stellte ein Konzept variabler Plattformen für Elektrofahrzeuge vor und präsentierte danach: gar nichts. Klar, da stand der futuristische Flitzer FFZero1 auf der Bühne, aber kein Auto, das jemals auf einer öffentlichen Straße fahren wird.

Faraday Future hat mit selbstbewussten Ankündigungen, erstaunlichem Mitarbeiterwachstum (derzeit mehr als 1000 alleine in den USA) und bewusster Geheimniskrämerei in den vergangenen zwölf Monaten einen Hype um sich selbst kreiert. Eine prächtig aussehende und immer weiter wachsende Blase, die vielleicht bald platzen könnte.

Denn die Zweifel wachsen: "Ich habe immer mehr das Gefühl, dass wir nicht genug über diese Firma wissen", sagt Dan Schwartz. Er ist der Finanzminister von Nevada, in dem das Unternehmen eine Fabrik bauen will. Die soll eine Milliarde Dollar kosten und vom Bundesstaat mit 335 Millionen Dollar an Vergünstigungen und Steuerbefreiungen unterstützt werden: "Ich fürchte, dass dieses Projekt niemals fertig gestellt wird, weil eine solide Finanzierung fehlt."

Das Unternehmen schuldet dem Bundesstaat derzeit eine Erfüllungsgarantie von 75 Millionen Dollar. Erst dann will Nevada die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, um die Infrastruktur für die im Norden von Las Vegas geplante Fabrik mit Straßen, Stromleitungen und Wasserrohren zu errichten. Schwartz äußert sich seit Monaten kritisch über Faraday Future. Auch die Begeisterung von Gouverneur Brian Sandoval teilt er nicht, der bereits dem Konkurrenten Tesla Zuschüsse und Vergünstigungen in Höhe von 1,25 Milliarden Dollar für den Bau einer Fabrik gewährte. Schwartz stellte klar: "Ohne die Garantien, die wir im September erwartet hatten, würde ich die Mittel für die Infrastruktur nicht bereitstellen."

Es geht noch weiter: Faraday Future schuldet offenbar jenem Unternehmen viel Geld, das hauptsächlich für den Bau der Fabrik in Nevada verantwortlich ist. Aecom hat kürzlich eine Mahnung an den Auftraggeber geschickt: Im September sei eine Zahlung von 21 Millionen Dollar verpasst worden, im Oktober und November würden insgesamt 27,1 Millionen fällig. Sollten die Zahlungen weiterhin ausbleiben, schreibt Aecom-Vizepräsident Robert Gay in dem Brief, dann würde das Unternehmen die Arbeiten einstellen. Ein Faraday-Sprecher sagte nun auf Anfrage, dass es keine Verzögerungen geben und die Probleme bei den Rechnungen gelöst würden. Er verweist auf ein gemeinsames Statement beider Unternehmen, in dem es heißt: "Die Geschäftsbeziehungen zwischen Faraday Future und Aecom sind stabil, wir sind entschlossen, diese Fabrik der Zukunft im Norden von Las Vegas zu bauen." Faraday Future muss als privates Unternehmen keine finanziellen Details veröffentlichen, in Las Vegas pries Sampson jedoch die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Milliardär Jia Yueting. Der ist Gründer und Chef des Technologie-Unternehmens Le Eco und soll geborgtes Geld in Faraday Future investiert haben, das er mit den Anteilen an seiner Firma abgesichert hat. Nur: Der Aktienkurs von Le Eco ist in den vergangenen 18 Monaten um beinahe die Hälfte eingebrochen, zwischenzeitlich wurde sie aus noch immer nicht bekannten Gründen auf Wunsch des Unternehmens vom Handel ausgesetzt. Finanzminister Schwartz hatte sich im Februar in Peking über Le Eco informiert, danach äußerte er sich immer wieder skeptisch. Jia bastelt übrigens mit seinem chinesischen Unternehmen selbst an einem elektrischen Fahrzeug und ist auch am kalifornischen Elektroautohersteller Lucid Motors beteiligt.

Es passiert nicht selten, dass junge Firmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Ungewöhnlich sind die großzügigen Vergünstigungen von Nevada an ein Unternehmen, das noch kein einziges Produkt auf den Markt gebracht hat. Das freilich soll sich ändern: Faraday Future hat angekündigt, in zwei Jahren das erste Fahrzeug produzieren und einen Prototypen im Januar vorstellen zu wollen. Es wird also wieder eine pompöse Veranstaltung in Las Vegas geben - und vielleicht ist diesmal mehr zu sehen als ein Auto, das hübsch, aber nicht praktisch ist.

© SZ vom 28.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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