Dubiose Immobiliengeschäfte:Mogelpackung mit Mülldeponie

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Die Bausparkasse BHW ist in fragwürdige Immobiliengeschäfte verstrickt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat das Institut in den neunziger Jahren beim Vertrieb von Eigentumswohnungen einen manipulierten Stadtplan verwendet. Jetzt muss sich die Bausparkasse vor Gericht verantworten.

Von Thomas Öchsner

Im September 1993 verschickte der Münchner Bezirksberater des Beamtenheimstättenwerkes (BHW) einen Brief. Das Schreiben war an angeblich "ausgewählte Kunden der BHW-Gruppe in München" gerichtet.

In dem Prospekt, das die Anleger erhielten, verdeckt ein Pfeil die Mülldeponie (zum Vergleich auf die Lupe klicken). Die Ellipse zeigt die Lage der Deponie an, das Quadrat die Lage der Immobilien. (Foto: Grafik: sueddeutsche.de)

Darin warb er für den Immobilienmarkt in Hof. Dem Schreiben beigelegt war eine Skizze von Häusern des "Wohnparks Vogelherd" in Hof, samt Preisliste für einige Wohnungen.

Andere BHW-Kunden bekamen einen Anruf der Bausparkasse. Auch ihnen gaben Berater den Tipp, den Erwerb einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage in dem "Wohnpark" zu prüfen.

Viele der Bausparer fühlten sich davon offenbar angesprochen, ließen sich weiter beraten und kauften schließlich eine der angepriesenen Immobilien. Finanzier für den Ankauf der Objekte war in der Regel das BHW, teilweise unterstützt von anderen Geldinstituten.

"Das BHW hat diese Kunden bewusst getäuscht"

Inzwischen haben jedoch mindestens 25 Käufer einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Denn der Prospekt mit dem Lageplan, der ihnen ausgehändigt wurde, verschwieg die Existenz einer Mülldeponie in der Nähe des "Wohnparks".

Außerdem blieb den Erwerbern der Objekte vorenthalten, dass der ursprüngliche Kaufpreis des Bauträgers für die Wohnungen viel geringer war als der Preis, den nun das BHW verlangte. Das geht aus Dokumenten hervor, die der S Z vorliegen.

"Das BHW hat diese Kunden bewusst getäuscht", sagt der Münchner Rechtsanwalt Gerhard Bumeder, der die 25 Immobilienkäufer vertritt.

Er wirft der Bausparkasse vor, die eigene Kundendatei angezapft und das besondere Vertrauensverhältnis ausgenutzt zu haben, das die Kunden zum BHW hatten.

"Meine Mandaten, überwiegend Beamte beziehungsweise aus dem öffentlichen Dienst, konnten sich einfach nicht vorstellen, dass sie das BHW als ehemalige Beamten-Hilfsorganisation reinlegen wird", sagt er.

Systematisch überteuerte Eigentumswohnungen finanziert

Der Rechtsanwalt vermutet, dass die Bausparkasse genauso wie andere deutschen Geldhäuser wie die ehemalige Münchner Hypo-Bank oder die Bausparkasse Badenia systematisch überteuerte Eigentumswohnungen finanziert hat.

Das Bauvorhaben "Vogelherd" dürfte dabei nur eines von mehreren Projekten gewesen sein. Nach Lektüre der internen Informationszeitschriften für den BHW-Vertrieb glaubt Bumeder, "dass die Bausparkasse in einigen tausend Fällen Immobilien vertrieben und finanziert hat, in denen enorme Innenprovisionen im Kaufpreis versteckt sind".

Das BHW hält diese Aussage "für völlig überzeichnet". Der Bundesverband der Verbraucherzentralen schätzt, dass in Deutschland etwa 300.000 Anleger zehn Milliarden Euro in überteuerte Immobilien investiert haben, die als Kapitalanlage und Steuersparmodell dienen sollten.

Preisaufschlag von 33 Prozent

Wohl selten ist eine Täuschung von Kunden aber so leicht zu erkennen gewessen wie bei dem Bauvorhaben "Vogelherd" in Hof: Nach Angaben von Anwalt Bumeder wollte zunächst der Bauträger die Wohnungen verkaufen, ohne dabei allerdings besonders erfolgreich zu sein.

Als dann das BHW eingeschaltet wurde, explodierten plötzlich die Preise in der Wohnanlage: Auf der Preisliste des Bauträgers aus dem Jahr 1992 für die Wohnanlage kostete zum Beispiel die Drei-Zimmer-Wohnung mit Loggia im Haus D 257.000 DM. Etwa ein Jahr später tauchte die gleiche Wohnung auf der Preisliste der BHW Immobilien auf, diesmal zum Preis von 341.275 DM.

Bumeder erklärt den Preisaufschlag von circa 33 Prozent so: "Die Steigerung ist auf die Innenprovision zurückzuführen, die zum Großteil an den BHW geflossen sein dürfte. Das Ehepaar, das die Wohnung zum überhöhten Preis kaufte, hat aber kein Wort über die Innenprovision gehört."

Die Bausparkasse erklärt dazu lediglich: Man sei rechtlich nicht verpflichtet, über versteckte Innenprovisionen zu informieren. Und weiter: "Warum der Bauträger seine Preise erhöht hat, entzieht sich der Kenntnis unseres Hauses."

"Cocktail an Abfällen"

Keine Erklärung hat das Institut auch auf die Frage, warum die Mandanten des Münchner Anwalts nicht von der Mülldeponie in der Nähe der Wohnanlage erfuhren.

Sicher ist: In sämtlichen Prospekten, die sie erhielten, war ein Stadtplan mit einem geschwärzten Pfeil enthalten, der auf die Lage der Immobilie hinwies. Tatsächlich überdeckte der Pfeil aber den im Stadtplan enthaltenen Hinweis auf die vorhandene Mülldeponie (Fotos siehe Seite 1).

"Den Erwerbern wurde damit ganz bewusst eine Negativeinrichtung verschwiegen, die den Wert einer solchen Immobilie immer automatisch reduziert", sagt der Anwalt. Beim BHW heißt es dazu: "Wie der Pfeil auf den Stadtplan gekommen ist, konnte bislang nicht geklärt werden. Fest steht jedoch, dass der Bauträger den Prospekt erstellt hat."

Vor Gericht ein eindeutiger Fall

Und üblicherweise übernehme das BHW Prospekte "unverändert von Bauträgern".

Vor Gericht war die Affäre "Vogelherd" deshalb bislang ein eindeutiger Fall. Sowohl das Oberlandesgericht München (Aktenz.: 8 U 4925/01) als auch zwei verschiedene Zivilkammern des Landgerichts München haben die Bausparkasse zum Schadensersatz gegen Übernahme der Wohnungen verurteilt (Aktenz.: 28 O 15698/04 und 22 O 11366/04).

Doch das BHW lässt nicht locker: Gegen fünf der Landgerichtsurteile hat die Bausparkasse Berufung eingelegt. In einem Schreiben an die SZ ist außerdem zu lesen: Die Deponie diene lediglich "zur Lagerung von mineralischem Bauschutt". Anwalt Bumeder hält dies für "grob falsch".

Er verweist auf die Homepage des Abfallzweckverbandes Hof im Internet. Dort heißt es, es sei zunächst "der gesamte Cocktail an Abfällen" abgelagert worden. Seit 1997 werde dagegen der gesamte brennbare Müll verbrannt. Abgelagert werden dürfen aber auch unter anderem "Asbestabfälle".

© SZ vom 28.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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