Druck auf Firmenbosse:Die Macht der Anleger im Fusionspoker

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Der Fall Disney zeigt, dass Anteilseigner ihre Rechte heute mehr nutzen als früher.

Von Andreas Oldag

Siegesgewiss gab sich Disney-Chef Michael Eisner noch vor kurzem in einem Interview mit CNN-Talkmaster Larry King. Das Management stehe hinter ihm, um das feindliche Übernahmeangebot des TV-Kabelbetreibers Comcast abzuwehren, erklärte Eisner.

Michael Eisner, der Mann mit dem belehrenden Zeigefinger, erklärt auf diesem Bild Larry King, wie Disney funktioniert. Aber der Widerstand formiert sich ... (Foto: Foto: AP)

Das mag sogar richtig sein. Der autokratische Manager, der seit 1984 Disney lenkt und jetzt eine Charmeoffensive in eigener Sache startete, hat es geschafft, jede interne Opposition im Keim zu ersticken. Sogar Roy Disney, ein Neffe des Unternehmensgründers, wurde aus dem Verwaltungsrat gedrängt.

Mobilmachung gegen Eisner

Doch nun machen die Aktionäre gegen den Konzernchef mobil. Auf der Hauptversammlung am 3. März in Philadelphia droht gegen den 61-Jährigen sogar ein regelrechter Aufstand. Denn im Gegensatz zu Eisner und seinen Getreuen sind mächtige Anlegergruppen der Meinung, dass der Unterhaltungskonzern eine neue Führung braucht.

So hat sich der US-Aktionärsverband Institutional Shareholder Services (ISS) bereits gegen die Wiederwahl Eisners ausgesprochen. ISS vertritt institutionelle Investoren wie Pensionsfonds und Versicherungen. Dies könnte auch zu einer Neubeurteilung des 48 Milliarden Dollar schweren Angebots von Comcast-Chef Brian Roberts führen.

"Disney ist in der Vergangenheit unter Eisner zu einer One-Man-Show geworden", erklärt Stephen Davis von der Investmentfirma Davis Global Advisors. Der Manager habe es nicht geschafft, das Unternehmen auf den immer härteren Wettbewerb im Unterhaltungsmarkt vorzubereiten. Eine Übernahmeofferte sei deshalb nur eine Frage der Zeit gewesen, heißt es an der Wall Street.

Korrektiv der Allmacht

Die derzeitige Debatte bei Disney ist keineswegs untypisch. Insbesondere wenn es um spektakuläre Fusionen geht, mischen sich die Anteilseigner viel stärker ein als noch in den neunziger Jahren. Damals waren die Chief Executive Officers (CEO) in einem regelrechten Rausch. Sie kauften Konkurrenten auf und schmiedeten weltweit agierende Konzerne.

Doch während früher die Milliarden-Deals hinter verschlossenen Türen ausgehandelt und von den Aktionären abgenickt wurden, ist heute Management nach Gutsherrenart nicht mehr gefragt. Die großen institutionellen Anleger, vor allem die mächtigen amerikanischen Pensionsfonds, verstehen sich als Korrektiv unternehmerischer Entscheidungen.

Zu viele schlechte Erfahrungen

"Die Kultur hat sich geändert. Ein CEO, der nicht auf die Unterstützung seiner Shareholder bauen kann, ist weg vom Fenster", meint ein Wall-Street-Banker. Ursache für diesen Wandel sind vor allem die negativen Erfahrungen aus den Neunzigern. US-Unternehmenschefs waren an Bilanzmanipulationen beteiligt, Gewinne wurden schön gerechnet.

"Es gibt jetzt eine viel größere Sensibilität der Anleger", meint Rosanna Landis Weaver von der unabhängigen Aktionärsorganisation Investor Responsibility Research Center in Washington. So müssten CEOs beispielsweise auf den Hauptversammlungen oppositionelle Shareholder-Beschlüsse fürchten.

Sammelklagen drohen

Genau dies könnte Disney-Chef Eisner drohen. Die amerikanische Anwaltskanzlei Squitieri & Fearon organisiert eine Sammelklage von Aktionären gegen Eisner. Sie werfen ihm vor, zu spät über das Übernahmeangebot informiert zu haben. So soll das Disney-Board schon Tage vor der Veröffentlichung der Comcast-Offerte das Angebot ohne weitere Prüfung zurückgewiesen haben. Das verstieß nicht nur gegen die guten Sitten, sondern schadete möglicherweise auch den Aktionären.

Als Korrektiv gegen die Allmacht der CEOs wirkt aber auch die pure Marktmacht der institutionellen Anleger. Sie können an der Börse eine Aktie gnadenlos abstrafen, wenn sie von der unternehmerischen Strategie des Managements nicht überzeugt sind.

Wie bei Vodafone

Das genau passierte Vodafone-Chef Arun Sarin: Als sich der ehrgeizige Manager am Bieterwettstreit um die Übernahme des US-Mobilfunkkonzerns AT&T Wireless partout beteiligen wollte, sackte die Vodafone-Aktie um elf Prozent ab.

Die Vodafone-Anleger waren vom finanziellen Nutzen eines Geschäfts mit den Amerikanern nicht überzeugt. Sie fürchteten, dass der weltgrößte Mobilfunkanbieter Geld aus dem Fenster schmeißen würde. AT&T Wireless wurde schließlich für 41 Milliarden Dollar an den US-Konkurrenten Cingular Wireless verkauft.

© SZ vom 26.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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