Dosenpfand-Prüfverfahren:"Manche Kommissare wollen mehr Zeit"

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Die EU-Kommission will am Mittwoch darüber entscheiden, ob sie ein Verfahren gegen Deutschland einleitet — oder auch nicht. Einige Kommissare sind anscheinend bereit, erst mal zu schauen, wie das neue Rückgabesystem für den Dosenpfand läuft.

Getränke jeder Art hatte EU-Kommissar Frits Bolkestein beim Gespräch über das Dosenpfand aus seinem Büro verbannt. Das Treffen mit Bundesumweltminister Jürgen Trittin verlief überaus sachlich und in letztlich trockener Atmosphäre.

Doch wenn die Brüsseler Kommission an diesem Mittwoch ihre Entscheidung zur deutschen Pfandpflicht trifft, könnte das Motto auch so lauten: "Tee trinken und... abwarten".

Die Beamten im Hause des Binnenmarktkommissars ließen noch am Dienstag wissen, Bolkestein wolle erst in letzter Minute entscheiden, ob er seinen Kollegen dazu die Eröffnung eines Prüfverfahrens oder eine Vertagung vorschlägt.

Während andere Kommissionsentscheidungen oft schon Tage zuvor feststehen, blieb die Spannung in Sachen Dosenpfand bis zum Schluss erhalten. Die Signale sind widersprüchlich.

Trittin macht Eindruck

Trittins ausführliche Antwort auf die Fragen der Kommission und sein persönlicher Besuch in Brüssel am Montag seien nicht ohne Eindruck geblieben, hieß es einerseits.

Der Umweltminister hatte am Montag versucht, Bolkestein davon zu überzeugen, dass ab 1. Oktober ein landesweites Rückgabesystem existiert. Die Bundesregierung könne nicht erkennen, dass das System ausländische Anbieter diskriminiere und damit den Wettbewerb verzerre, betonte Trittin.

Der am Donnerstag eingetroffene Brief des Ministers und seine Reise zwei Tage vor dem Start der bundesweiten Rücknahmepflicht kämen reichlich spät, war hingegen aus dem Umfeld des kritischen Kommissars zu hören.

Andere Kommissare könnten den Tatendrang des Niederländers in Sachen Dosenpfand noch bremsen. In der Regel trifft die Kommission die Entscheidung über ein Vertragsverletzungsverfahren einmütig, und dafür muss jeder Kommissar von der Richtigkeit des gemeinsamen Tuns überzeugt sein.

"Manche Kommissare wollen mehr Zeit", hieß es am Dienstag in der Brüsseler Behörde. Das entspräche exakt der Forderung Trittins: Der Minister, der keinen Widerspruch zwischen der Pfandpflicht und EU-Recht erkennen mag, will das neue System am Mittwoch erst einmal anlaufen lassen. Dann könnte die Kommission etwas später auf der Grundlage konkreter Erfahrungen entscheiden.

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