Dorint:Über Nacht in den Alpen

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Dorint Hotel in Köln: Mit Messe- und Konferenzbesuchern verdient die Hotelkette das meiste Geld. (Foto: Oliver Berg, picture-alliance/dpa)

In der Finanzkrise standen die Dorint-Hotels vor der Pleite. Nun wächst die Kette und will nach Österreich expandieren

Von Benedikt Müller, Köln

Wenn sich auf den Messen dieser Republik die Fachbesucher drängen, dann freut das Hotelketten wie Dorint. Die Kölner Firma verdient ihr Geld zu etwa 70 Prozent mit Geschäftskunden, deren Konferenzen und Tagungen. Sie profitiert, wenn Unternehmen wachsen und Mitarbeiter auf Reisen schicken: 294 Millionen Euro Umsatz habe man 2018 unter der Marke, also einschließlich der Franchise-Häuser, erwirtschaftet, teilt Dorint mit, gut sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Und auch den Betriebsgewinn hat die Kette gesteigert, auf knapp vier Millionen Euro.

Damit sieht sich das Dorint-Management nicht mehr im Krisenmodus: Die Kette, gegründet vor 60 Jahren in Mönchengladbach, war nach der deutschen Wiedervereinigung übermütig gewachsen. Doch viele der damals 95 Standorte erfüllten die Erwartungen nicht. Der französische Hotelkonzern Accor stieg bei Dorint ein und wieder aus. Übrig blieben 44 Häuser. Doch dann kam 2008 die Finanzkrise; viele Unternehmen strichen ihre Budgets zusammen, Dorint drohte die Pleite. Mittlerweile zählen die Kölner wieder 51 Hotels, neun weitere sollen in diesem Jahr hinzukommen. "Dorint hat eine klare Strategie des kontrollierten Wachstums", sagt Aufsichtsratschef Dirk Iserlohe. Jedoch müsse die Kette ihre Marke schärfen und sich von Konkurrenten abheben. "Die Welt hat nicht darauf gewartet, dass wir ein weiteres Motel One erfinden", sagt Iserlohe in Anspielung auf den Wettbewerber aus München, der mit Dreisternehotels in guten Stadtlagen stark wächst.

Von Drei-Sterne-Ketten wie Motel One aus München will sich Dorint abheben

Dorint hingegen stehe für Vier-Sterne-Häuser mit Tagungsräumen, Gastronomie und Wellnessbereich, sagt Iserlohe. Die derzeit fünf Standorte, die weder Schwimmbad noch einen großen Saal aufweisen, sollen künftig unter der Drei-Sterne-Marke Essential firmieren.

Neben ehemaligen Accor-Hotels in Leipzig, Bremen und Würzburg hat Dorint kürzlich auch Standorte im niederbayerischen Bad Gögging oder in einer mittelgroßen Stadt wie Alzey übernommen. Hinzu kommen Häuser auf Rügen oder Usedom, die auch Privatreisende ansprechen sollen. Geplant seien nun Hotels in Garching bei München und Bad Vilbel bei Frankfurt.

Zudem wolle die Kette wieder in den österreichischen Markt eintreten, sagt Geschäftsführer Karl-Heinz Pawlizki. Man werde noch in diesem Jahr einen Pachtvertrag in Salzburg unterschreiben. "Und wir schauen uns ernsthaft zwei, drei weitere Standorte an."

Dass Iserlohe das kontrollierte Wachstum so betont, hat einen Grund: Die Krisenjahre haben dem früheren Banker viel Ärger beschert: Anleger hatten damals Geld in geschlossene Immobilienfonds gesteckt, die auch in Dorint-Hotelgebäude investiert hatten. Als die Fondsmanager dann Pachtzahlungen stundeten, um die Hotelkette vor der Pleite zu retten, waren viele Anleger wütend. Mittlerweile hat Iserlohe die Immobilienfonds in eine Finanzholding namens Honestis eingebracht, welche die Tochterfirma Dorint formal nicht beherrscht. Und die Hotels erwirtschafteten alle ihre Pacht, sagt Iserlohe.

Mit drei Standorten ist der Chefkontrolleur dennoch unzufrieden: Für das Stammhaus in Mönchengladbach wolle Dorint demnächst günstigere Konditionen aushandeln; in die Häuser in Bitburg in der Eifel und Arnsberg im Sauerland wolle man investieren, um eine Wende herbeizuführen. Auch deshalb wolle der Mutterkonzern Honestis in diesem Jahr weitere zehn Millionen Euro Eigenkapital von Investoren einsammeln.

Dass einige deutsche Unternehmen derzeit schwächeln, bereitet der Kette nach eigenem Bekunden noch keine Sorgen. Lediglich das Geschäft mit einigen Konzernen aus der Automobilbranche sei derzeit rückläufig, sagt Geschäftsführer Pawlizki; andere Kunden, etwa aus der Pharmabranche, glichen das aus. Und Zimmer-Plattformen wie Airbnb machten einer Kongresskette wie Dorint ohnehin kaum Konkurrenz, sagt Iserlohe. "In diesem Bereich kann Airbnb ja gar nichts ausrichten."

© SZ vom 09.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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