Do-it-yourself-Branche:"20 Prozent auf alles - außer Tiernahrung"

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Im Frühjahr beginnt die Saison für Haus- und Gartenwerkeleien - für die Baumärkte ein ausreichender Anlass, sich einen gnadenlosen Preiskampf zu liefern.

Mit aggressiver Werbung lockt die Baumarktkette Praktiker pünktlich zu Beginn der Garten- und Heimwerkersaison die Kunden in ihre Läden. "Deutschland blüht auf", hält Branchenprimus Obi dagegen und preist Geranien für 99 Cent an.

Im Baumarkt: Handwerker unter sich. (Foto: Foto: ddp)

Derzeit tobt in der deutschen Do-it-yourself-Branche ein gnadenloser Preiskampf, vor allem zu Lasten der kleineren Mitbewerber. Die Verbraucher können sich hingegen über "Dauertiefpreise" und ständige Rabattaktionen freuen.

Mit ganzseitigen Annoncen in Deutschlands größter Boulevardzeitung lieferten sich die Konkurrenten Hornbach und Praktiker in den vergangenen Wochen sogar eine regelrechte Anzeigenschlacht ("Hornbach immer günstiger als Praktiker").

Erstattung plus Entschädigung

Die Tengelmanntochter Obi verspricht Kunden, die bei der Konkurrenz einen Artikel zu einem günstigeren Preis finden, die Erstattung des Differenzbetrages. Zusätzlich gibt es 5 Euro "als Entschädigung für Ihre Mühe".

Mit ähnlichen Versprechen locken auch andere Mitstreiter. Globus Baumarkt wirbt mit "Null Prozent Finanzierung auf alles ab einem Gesamteinkaufswert von 249 Euro."

"Der Markt ist gesättigt. Es herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb", beobachtet das Marktforschungsinstitut GfK in Nürnberg schon seit längerem. "Doch so schlimm wie jetzt war es noch nie", betont Branchenexperte-Experte Helmut Stahlberg.

Stagnation

Umsatzzuwächse werden fast nur noch im Ausland erreicht. In Deutschland hingegen stagniert das Geschäft mit den Bohrmaschinen und Kettensägen.

Die seit Jahren andauernde Krise im Einzelhandel geht auch an Obi & Co. nicht spurlos vorüber. Selbst die Topmärkte geraten bei Preis und Leistung unter Zugzwang, analysiert die Mercer Management Consulting.

Wachstum werde nicht mehr über die Nachfrage der Kunden erzielt. Zudem sei in den vergangenen Jahren viel zu viel Verkaufsfläche entstanden - sie liegt derzeit bei 12 Millionen Quadratmeter. Laut Gfk hat Deutschland europaweit die höchste Dichte an Bau- und Heimwerkermärkten.

Zu den großen Ketten gehören Obi (rund 5 Milliarden Euro Umsatz) Praktiker, Bauhaus, Hornbach, Zeus (hagebau, werkmarkt), toom, Marktkauf, Globus Baumarkt und Max Bahr.

Im vergangenen Jahr erwirtschafteten sie rund 17,7 Milliarden Euro Umsatz, gerade einmal 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr und gut 80 Prozent des gesamten Branchenumsatzes.

Druck auf die Margen

Vor gut 15 Jahren wuchs die Branche noch zweistellig. Derzeit machen die Unternehmen im Schnitt kaum noch Gewinn. Das enorme Flächenwachstum drückt zudem auf die Margen.

2005 wurden gemäß dem Branchenmagazin diy 104 neue Baumärkte eröffnet. Damit stieg die Zahl der Standorte im Inland von 4183 auf 4219. Im Ausland erhöhten die Unternehmen die Zahl ihrer Filialen um 63 auf 590.

Spätestens 2015 könnte es in Deutschland nur noch drei große Baumarktketten geben, analysiert der Wirtschaftsprüfer Ernst&Young.

Wettbewerb über Preis und Fläche

In den kommenden Jahren werde der über Preis und Fläche ausgetragene Verdrängungswettbewerb noch härter. Dennoch: Die meisten Unternehmen wollen weiter expandieren. Viele sehen Potenzial in Märkten mit Verkaufsflächen von mehr als 10.000 Quadratmetern. Dabei wäre eher ein Abbau der Flächen um mindestens 30 Prozent nötig, sagen Experten.

Einige Unternehmen ändern ihre Strategie. Der Branchenvierte Hornbach setzt mehr auf Service und ein großes Sortiment. "Der Wettbewerb dauerhaft über den Preis wird nicht möglich sein", sagt ein Konzernsprecher.

Die frühere Metrotochter Praktiker ("Hier spricht der Preis") ist offen für Zukäufe. Diese müssten aber betriebswirtschaftlich Sinn machen. "Wir machen den Flächenwahnsinn nicht mit", verkündet Praktiker-Chef Wolfgang Werner. Schon seit 2000 dünnt der Konzern sein Filialnetz aus.

Immer noch auf Expansionskurs

Branchenführer Obi will hingegen weiter expandieren. Außer neuen Häusern sei aber auch die Übernahme eines Wettbewerbers denkbar, betont Unternehmenschef Sergio Giroldi. In vier Jahren will er rund 600 Märkte betreiben, gut 100 mehr als heute.

© Maren Martell - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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