Girokonten:Gratis war einmal

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Direktbanken warben immer mit dem kostenlosen Geldabheben. Nun schränkt die DKB dieses Angebot ein. Vieles spricht dafür, dass die Konkurrenz es ihr nachmacht.

Von Felicitas Wilke, München

Es wirkt ein wenig trotzig, was die Deutsche Kreditbank (DKB) auf ihrer Website schreibt. "Kein Aber", beteuert sie da, "DKB-Cash ist und bleibt kostenlos". Falsch ist das nicht. Denn nach wie vor erhebt die Berliner Direktbank keine pauschale Gebühr für ihr Girokonto. Trotzdem verabschiedete sie sich vergangene Woche ein Stück weit von der bei Direktbanken noch gängigen Gratiskultur. Ab 2017 können DKB-Kunden außerhalb der EU nur noch kostenlos Geld abheben, wenn mindestens 700 Euro pro Monat auf dem Konto eingehen. Ansonsten erhebt die Bank Gebühren. Der einstige Werbeslogan, als Kunde "weltweit kostenlos Geld abheben" zu können, stimmt so also nicht mehr.

Mit ihrer neuen Strategie ordnet sich die DKB in eine Reihe von Banken ein, die zuletzt ihre Kontomodelle überarbeitet haben - und zwar nicht zum Vorteil der Kunden. Bei der Postbank kostet das klassische Girokonto bald 3,90 Euro im Monat, bei der Hypo-Vereinsbank zahlen Kunden je nach Kontomodell zwischen 2,90 Euro und 14,90 Euro. Und auch viele Sparkassen haben zuletzt ihre Gebühren erhöht. Die Zeitschrift Finanztest hat gerade 241 Angebote von 104 Banken verglichen und kam zu dem Ergebnis, dass es nur noch 25 Gratiskonten gibt. Die Nullzinspolitik mache ihnen schwer zu schaffen, argumentieren die Banken. Um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können, müssten sie Gebühren erheben. Manche Institute berechnen eine monatliche Pauschale, bei anderen kosten einzelne Posten wie Daueraufträge, Überweisungen oder auch die Bezahlkarten.

Wer ein wirklich kostenloses Girokonto eröffnen möchte, wird heute fast nur noch bei den auf Online-Banking spezialisierten Direktbanken fündig. Anbieter wie ING-Diba, Comdirect, Consorsbank oder eben die DKB bieten, teilweise mit Einschränkungen, noch ein kostenloses Girokonto an. Dass sie Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie die Spareinlagen ihrer Kunden bei der Europäischen Zentralbank parken möchten, trifft zwar auch sie. "Die Direktbanken stehen aber weniger unter Druck als die Filialbanken", sagt Peter Barkow vom Beratungs- und Analyseunternehmen Barkow Consulting. Denn anders als die Wettbewerber müssen sie kein teures Filialnetz betreiben und dabei für die Miete und Mitarbeiter aufkommen.

Daher ist es neu, dass mit der DKB nun auch eine Direktbank "auf die aktuelle Marktsituation und die anhaltende Niedrigzinsphase" reagiert, wie es bei der Bank heißt. Sie erhebt zwar keine Kontogebühr, knüpft ihr einstiges Kernversprechen aber an eine Voraussetzung. Kostenlos Geld abheben und bezahlen können Kunden ab Ende 2017 nur noch, wenn sie sogenannte Aktivkunden mit monatlichem Geldeingang sind. Alle anderen Nutzer zahlen außerhalb der EU 1,75 Prozent des Umsatzes an Gebühren. Auch der Dispozins ist für Nicht-Aktivkunden teurer und liegt bei 7,5 Prozent statt 6,9 Prozent.

An vielen Kunden verdienen sie bisher kaum, da sie nur die Gratisleistungen nutzen

Bislang haben viele Kunden bei den Direktbanken nur ein Zweitkonto, um beispielsweise eine kostenlose Kreditkarte zu nutzen - oder, um im Ausland kostenlos Geld abzuheben. Solche kostenlosen Angebote bedeuten für die Direktbanken aber hohe Ausgaben. Mit ihrer neuen Regelung dürfte die DKB nun möglichst viele Kunden dazu bewegen wollen, nur noch bei ihr ein Konto zu führen. Denn das Privileg, die Einkommensverhältnisse der Kunden genau zu kennen und ihnen Anlageprodukte oder Kredite anzubieten, hat meist die Hausbank, sagt Frank-Christian Pauli vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Weil die Banken mit genau diesen Produkten noch Geld verdienen, drängen die Direktbanken darauf, zur Hausbank zu werden. Sie setzen bereits Anreize. Neukunden, die bei Comdirect oder Consorsbank von Wechselprämien profitieren möchten, erhalten das Geld nur dann, wenn regelmäßig ein Gehalt auf dem Konto eingeht. Strategien wie diese könnten Wirkung zeigen. "Ich gehe davon aus, dass Bankkunden vermehrt ihr Konto wechseln werden und das ein oder andere Zweitkonto verschwinden wird", sagt Berater Barkow. Eine neue Regelung im Zahlungskontengesetz macht es den Verbrauchern so leicht wie nie, mit dem Konto zu einem anderen Anbieter umzuziehen. In Zeiten, in denen eine Filialbank nach der anderen die Gebühren erhöht, kommt das den Direktbanken entgegen.

Einiges deutet aber darauf hin, dass sich bald auch die auf Online-Banking spezialisierten Institute vom kostenlosen Girokonto verabschieden könnten. Koos Timmermans, Vorstand der ING-Diba-Mutter ING, sagte schon im Sommer, dass "Maßnahmen unausweichlich" würden, falls die Zinsen noch längere Zeit so niedrig bleiben. Aktuell heißt es bei der Bank, das Konto bleibe "vorerst" kostenlos. Ein bemerkenswertes Wort von einem Unternehmen, das bekannt für seine vielen Gratisleistungen ist. Ähnliche Töne vernimmt man bei den Wettbewerbern Comdirect und Consorsbank. Vollmundige Versprechungen, auf ewig ein kostenloses Konto anzubieten, seien in diesen Zeiten nicht sinnvoll, heißt es bei der Consorsbank. Auch für sie sei es eine Option für die Zukunft, von weniger aktiven Kunden Geld für bestimmte Leistungen zu nehmen.

So müssen die Direktbanken wohl abwägen. Wenn sie weiterhin kostenlose Girokonten anbieten, könnten sie in Zukunft viele neue Kunden hinzugewinnen. Doch es gibt in Deutschland etwa 100 Millionen Girokonten. Selbst wenn die Zahl abnehmen sollte, könnte schon eine geringe monatliche Grundgebühr enorme zusätzliche Einnahmen bewirken, sagt Peter Barkow. Das wissen auch die Direktbanken. Wenn die Zinsen nicht steigen, dürfte es ihnen schwerfallen, der Verlockung zu widerstehen. Auch bei den Direktbanken könnte bald das ein oder andere "wenn" und "aber" im Kleingedruckten stehen.

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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