Digitaler Landrush:Virtuelle Ökonomie

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Eigentum verpflichtet, auch in Second Life: Bei bald vier Millionen angemeldeten Spielern wird der Raum schon langsam knapp. Doch es gibt klare Eigentumsregeln, die denen in der realen Welt ähneln.

Thorsten Riedl

Achtung! Sie sind nicht der Eigentümer dieses Geländes. Verlassen Sie es! Dafür bleiben Ihnen noch 10.000 Sekunden.'' Damit beginnt auf dem Computermonitor von Soeren Susa ein Countdown, der ihm unmissverständlich klar macht, dass er nicht willkommen ist.

Die Bewohner von "Second Life" fühlen sich auf Inseln wohl: Schon 4400 Spieler haben sich ihren Platz am Meer gegönnt. (Foto: Screenshot: Linden Labs)

Dabei wollte sich die Spielfigur des Reporters im Internetspiel Second Life nur eine besonders schöne Strandvilla aus der Nähe anschauen. Susa ignoriert die Warnung, klickt sie weg - und wird augenblicklich durch die Luft geschleudert.

Er bleibt unverletzt, findet sich aber in einem Niemandsland in der virtuellen Realität wieder. Eigentum verpflichtet, auch in Second Life. Dass jedem Nutzer das gehört, was er erschaffen hat, zählt zu den Erfolgsfaktoren des Spiels.

Durchbruch durch Eigentumsregelung

Seit Ende 2003 ist es möglich, Land in Second Life zu besitzen. Mit der Regelung des Eigentums hat die Computersimulation den Durchbruch geschafft.

,,Anschließend gab es einen digitalen Landrush - so wie einst im Wilden Westen der USA'', erklärt Catherine Smith, Marketingchefin bei Linden Lab, dem nordamerikanischen Unternehmen, das die Internetplattform Second Life im Netz betreibt.

Spazierengehen durch die Online-Welt kostet nach wie vor nichts, wer aber Land besitzen möchte, muss ordentlich zahlen. So fallen für eine Insel mit virtuellen 65.000 Quadratmetern 1695 Dollar einmalig an, zuzüglich 295 Dollar im Monat.

Stolzer Preis

Ein stolzer Preis für eine Fläche von etwa acht Fußballplätzen, die aber rein aus Computercode besteht und gar nicht existiert. Dennoch haben sich allein im Februar bisher mehr als 500 Avatare den Traum von der eigenen Insel gegönnt. Insgesamt besitzen etwa 4400 Spieler ihren Platz am Meer.

Linden Lab lässt sich mit der Pacht auf den virtuellen Grund die Rechnerkapazitäten im Hintergrund bezahlen, die nötig sind, um die Second-Life-Welt über das Internet auf dem Bildschirm zuhause darzustellen. Für den Boden der Großgrundbesitzerin Anshe Chung etwa sind bei Linden Lab 550 Netzwerkrechner in Betrieb.

Das junge US-Unternehmen ächzt unter der Flut an Neuanmeldungen. Im Oktober 2006 wurde der einmillionste Einwohner auf Second Life begrüßt. Acht Wochen später waren es schon zwei Millionen. Im Moment nähert sich die Zahl rasant der Grenze von vier Millionen angemeldeten Spielern. In Spitzenzeiten kommt es an den populären Orten im Netz schon zu Gedränge.

Eigene Währung

Die virtuelle Wirtschaft hält eine eigene Währung am Laufen: der Linden-Dollar. Er lässt sich jederzeit umtauschen in echte, harte Dollar. Den Wechselkurs regeln wie im wirklichen Leben Angebot und Nachfrage an einer Börse.

Derzeit bekommt der Spieler für einen US-Dollar 269,36 Linden-Dollar. Einige sichern sich schon einen Zusatzverdienst über Second Life. So haben laut offizieller Statistik im Januar 548 Mitglieder 1000 Dollar oder mehr mit dem Spiel verdient, ein Plus von 19 Prozent gegenüber dem Vormonat.

© SZ vom 22.01.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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