Digitaldevise:Dem Tod entronnen

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In diesem Rechnerpark in der Inneren Mongolei schürfen geschäftstüchtige Experten Bitcoin. (Foto: Bloomberg)

Experten philosophierten noch vergangene Woche über den Tod von Bitcoin. Dann schießt sein Preis nach oben.

Von Victor Gojdka, München

Noch in der vergangenen Woche sahen die Marktexperten schwarz für die Digitalwährung Bitcoin: Am Mittwoch sackte der Preis für ein Bitcoin plötzlich um zehn Prozent ab, dann äußerte auch noch eine einflussreiche Bitcoin-Größe Skepsis. Und manche prophezeiten gar, auf der Bitcoin-Kursgrafik könne sich gar ein Muster namens "Todeskreuz" bilden. Schwärzer können Experten kaum malen.

Und was passiert? Bitcoin legt Ende der Woche und über das Wochenende um 28 Prozent zu, es ist der größte Kursanstieg seit Längerem. Wie aus dem Nichts schießt der Preis von 7435 Dollar am Mittwoch auf einigen Handelsplätzen in der Spitze am Sonntag auf über 10 000 Dollar in die Höhe. Viele fragen sich nun: Was ist da los in der obskuren Welt der Digitalwährung?

Die ehrliche Antwort auf die Frage lautet: Niemand weiß das so genau. Wie so häufig, können selbst Experten die Kurskapriolen nicht im Detail nachvollziehen. Viel zu intransparent sind die vielen oft undurchsichtigen Handelsplattformen. Immerhin einige Thesen zum wundersamen Anstieg der Währung lassen sich jedoch nennen. So ist an den Finanzmärkten in den vergangenen Tagen insgesamt der Risikoappetit zurückgekehrt, denn einige geopolitische Krisenherde wie der Brexit scheinen sich aus Sicht der Finanzanleger langsam zu entspannen.

Außerdem kündigte der chinesische Staatspräsident über das Wochenende an, er wolle künftig die Blockchain fördern - also jenes technische Netzwerk, das auch Bitcoin technisch möglich macht. Der chinesischen Führung geht es jedoch ausdrücklich nicht darum, der Anarcho-Devise Auftrieb zu verschaffen. Geld auf dem chinesischen Festland von Yuan in Bitcoin zu tauschen, ist verboten. Die chinesische Führung hat es mit ihrer neuen Blockchain-Begeisterung auf etwas anderes abgesehen: Das Netzwerk lässt sich nämlich auch unabhängig von Bitcoin einsetzen. So könnten Unternehmen künftig Börsengänge über die Blockchain abwickeln oder Zugfahrer einfach ein- und aussteigen - und ihre Rechnung automatisch begleichen.

Bitcoin-Anleger hoffen offenbar darauf, dass im Zuge der Blockchain-Euphorie in der chinesischen Führung dennoch auch Bitcoin selbst Auftrieb bekommt. Im chinesischen sozialen Netzwerk Wechat sind die Suchanfragen nach Bitcoin Ende der Woche jedenfalls um mehr als 200 Prozent gestiegen.

© SZ vom 29.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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