Die neue Altersvorsorge III:Gefährlicher Endspurt vor Silvester

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Von 2005 an verlieren Kapitallebensversicherungen ihren entscheidenden Vorteil: die steuerfreie Auszahlung am Laufzeitende. Wer also noch einen begünstigten Vertrag abschließen will, muss sich beeilen. Aber Vorsicht — im nächsten Jahr wird nicht alles schlechter.

Von Daniela Kuhr

Die Werbetrommel ist kaum noch zu überhören. Wer nicht von seinem Kundenberater angesprochen wurde, hat mindestens einen der mehr als 50 Millionen Werbebriefe erhalten: "Letzte Gelegenheit für den Steuervorteil!", so oder so ähnlich lautet die Botschaft.

Ein Renter spielt mit seinem Hund. (Foto: Foto: AP)

Fast entsteht der Eindruck, ohne eine steuerbegünstigte Lebensversicherung sei Armut im Ruhestand vorgezeichnet. Dabei gerät in der Hektik - und auch im Verkaufsgespräch - manches durcheinander.

Der Wegfall des Steuerprivilegs betrifft nur die klassischen Produkte der Kapital-lebensversicherung (auch in der Variante der Direktversicherung) und der Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht (siehe Link "So greift das Fiananzamt zu").

Er betrifft weder die Riester-Rente noch die seit drei Jahren geförderte betriebliche Altersvorsorge.

Gilt der Wegfall für alle Auszahlungsvarianten?

Nein, nur die einmalige Kapitalauszahlung am Ende der Vertragslaufzeit wird vom kommenden Jahr an steuerpflichtig, also die Auszahlung der kompletten angesparten Summe auf einen Schlag.

Wer stattdessen eine reine Rentenversicherung will, die ihm bis zum Ende seines Lebens eine monatliche Rente sichert, steht nicht unter Zeitdruck.

Wie wirkt sich der Wegfall des Steuerprivilegs im kommenden Jahr aus?

Dazu ein Rechenbeispiel: Ein 40-jähriger Mann schließt im Januar 2005 eine Kapitallebensversicherung ab, in die er monatlich einzahlt. In seinem 60. Lebensjahr zahlt ihm die Versicherung 100.000 Euro.

Davon sind 62.695 Euro von ihm angespart, der Rest in Höhe von 37.305 ist sein Gewinn. Die Hälfte dieses Gewinns muss er mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern.

"Bei einem angenommenen Steuersatz von 40 Prozent fließen also knapp 7500 Euro an das Finanzamt", sagt Jürgen Karpf, gerichtlich zugelassener Versicherungsberater aus Mering bei Augsburg und Honorarberater bei der Verbraucherzentrale Bayern.

Bei einem Steuersatz von 30 Prozent wären es immer noch knapp 5600 Euro. "Hätte er noch in diesem Jahr abgeschlossen, könnte er die gesamte Summe steuerfrei kassieren", sagt Karpf.

Was spricht gegen den schnellen Abschluss noch in diesem Jahr?

"Die Nachteile einer Lebensversicherung liegen vor allem in den hohen Abschluss- und Verwaltungskosten und der Intransparenz des Kleingedruckten", meint Karpf.

"Wer übereilt einen Vertrag abschließt und diesen nicht bis zum Ende der Laufzeit durchhält, muss mit erheblichen Verlusten rechnen."

Bei einem Vertrag mit 30 Jahren Laufzeit sei der Rückkaufswert - also der Betrag, den man bei einer Kündigung erhält - in der Regel erst nach zehn Jahren so hoch wie die unverzinste Summe der eingezahlten Beträge.

Selbst nach 16 Jahren sei eine mit 2,5 Prozent verzinste Anlage meist noch besser als die unverbindlichen Hochrechnungen inklusive Überschüsse der besten Versicherungsgesellschaften.

Eher Lebens- oder eher eine Rentenversicherung?

"Eine Kapitallebensversicherung ist in der Regel wenig sinnvoll", sagt Karpf. Denn hier sei zwangsläufig ein Todesfallschutz enthalten, der die Rendite drücke. "Wer seine Familie für den Todesfall absichern will, sollte aber nicht Sparen und Versichern mischen, sondern separat eine Risikolebensversicherung abschließen."

Generell gelte als Faustregel: Je älter der Vorsorgewillige, desto mehr spreche für den Abschluss einer Rentenversicherung. "Denn der in der Kapitallebensversicherung enthaltene Risikobeitrag steigt mit dem Alter aufgrund des höheren Sterblichkeitsrisikos an."

Bei der Rentenversicherung dagegen erhalten die Hinterbliebenen nur dann etwas, wenn eine Garantiezeit vereinbart wurde. Dabei bekommen sie eine vertraglich festgelegte Zeit lang eine monatliche Rente, was aber ebenfalls die Rendite schmälert.

"Wer nur sein eigenes Einkommen im Alter absichern möchte, fährt in der Regel mit einer Rentenversicherung günstiger", sagt Karpf. Will der Kunde noch in diesem Jahr steuerfrei abschließen, werde er ohnehin an einem Rentenversicherungsvertrag kaum vorbeikommen. Grund sei die für die Lebensversicherung in der Regel erforderliche Gesundheitsprüfung, die auf die Schnelle "oft nicht mehr möglich sein wird".

Bis wann müssen Interessenten spätestens handeln?

Das Bundesfinanzministerium hat kürzlich klargestellt: Um noch in den Genuss der Steuerfreiheit zu kommen, genügt es nicht, dass der Kunde in diesem Jahr noch seinen Antrag auf eine Lebensversicherung stellt.

Bis spätestens 31. Dezember 2004 muss für den Neuvertrag auch der Versicherungsschein ausgestellt sein. Die bloße Annahmeerklärung des Versicherers reicht nicht aus. Da die Anbieter bereits jetzt mit dem Ansturm zu kämpfen haben, sollte man die Beratung also nicht weiter hinauszögern.

Sonst klappt es womöglich zeitlich nicht mehr mit dem Abschluss. Wer von der Möglichkeit des Sonderausgabenabzugs Gebrauch machen möchte, muss in diesem Jahr zudem noch die erste Prämie überweisen.

Welche Alternativen gibt es?

Angestellten empfiehlt der Versicherungsexperte Karpf, "zuerst die Möglichkeiten für die betriebliche Vorsorge zu prüfen". Seit 2002 ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, mindestens eine Form der betrieblichen Altersvorsorge anzubieten.

"Neben Steuervorteilen sind meist auch die Kosten bei betrieblichen Verträgen günstiger", sagt Karpf. Nicht nur für geringverdienende Familien mit Kindern, sondern auch für Personen mit höherem Einkommen, könne zudem die Riester-Rente interessant sein.

Und schließlich weist Karpf noch auf die Produkte hin, die erst im nächsten Jahr auf den Markt kommen. "Wer ausschließlich für das Alter vorsorgen will und keinen Wert auf die Absicherung im Todesfall legt, liegt womöglich auch mit einem der neuen staatlich geförderten Produkte der so genannten Rürup-Rente richtig."

Denn hier sind Beiträge bis zu 20000 Euro pro Jahr absetzbar. Noch rücken die Versicherer allerdings mit ihren neuen Angeboten zur Rürup-Rente nicht heraus. "Wohl auch, um das derzeit boomende Geschäft mit den Lebensversicherungen nicht zu konterkarieren", meint Karpf.

© SZ vom 11.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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