Die neue Altersvorsorge I:Im nächsten Jahr kommt netto mehr raus

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Ab Januar bleibt vom Gehalt mehr übrig: Nicht nur, weil mit der letzten Stufe der Steuerreform die Abgaben an den Staat sinken. Wer außerdem fürs Alter vorsorgt, kann künftig höhere Beiträge absetzen.

Von Thomas Öchsner

Die Werbestrategen im Bundesfinanzministerium verbreiten gute Stimmung: "Deutschland bewegt sich", verkünden sie auf der Homepage des Hauses - und werben damit, dass die Steuerlast der Bürger im nächsten Jahr um 6,5 Milliarden Euro sinkt.

Ab dem nächsten Jahr bleibt vom Gehalt für viele mehr übrig (Foto: Foto: dpa)

Wie viel 2005 tatsächlich bei den Bürgern netto mehr herauskommt, hängt aber sehr stark vom Einkommen ab: Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums zahlt zum Beispiel ein Single mit einem Einkommen von 30.000 Euro inclusive Solidaritätszuschlag 147 Euro weniger Lohnsteuer im Jahr.

Bei einem Alleinstehenden, der doppelt so viel verdient, sind es demnach schon 1119 Euro.

Den Hauptgrund für die Entlastung dürften viele Bürger noch gar nicht mitbekommen haben. Von 2005 gibt es einen Systemwechsel bei der Altersvorsorge. Wer eine Rente bezieht oder beziehen wird, wird stärker besteuert. Wer Geld für die Altersvorsorge aufwendet, wird entlastet.

Mehr Aufwendungen absetzbar

Arbeitnehmer konnten zwar schon bisher nach geltendem Recht ihre Sozialversicherungsbeiträge bei der Steuererklärung als Sonderausgaben geltend machen. Die Möglichkeit, so Steuern zu sparen, war aber sehr begrenzt. Profitiert haben davon vor allem Arbeitnehmer mit geringem Einkommen, Selbstständige und Beamte.

Das ändert sich von 2005 an: Bei den Aufwendungen für die Altersvorsorge werden die Abzugsmöglichkeiten verbessert - und zwar schrittweise, weil ja auch die Steuer auf die Rente in kleinen Schritten steigt.

In welcher Höhe kann sich nun ein Steuerpflichtiger solche Aufwendungen als Sonderausgabe bei der Steuererklärung anrechnen lassen? Pauschal lässt sich darauf keine Antwort geben. Denn zukünftig gibt es dafür zwei Töpfe, und bei jedem wird anders gerechnet. Topf eins sind die Aufwendungen für die Altersvorsorge, Topf zwei die sonstigen Vorsorgeaufwendungen.

Aufwendungen für die Altersvorsorge

Dazu zählen: - die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, - Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken (Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte, Journalisten), - Beiträge zur landwirtschaftliche Alterskasse und - bestimmte private Leibrentenversicherungen, bei denen die erworbenen Ansprüche nicht beleihbar, nicht vererblich und nicht übertragbar und nicht veräußerbar sind.

Solche Policen (genannt Rürup-Rente), die erst vom nächsten Jahr an verkauft werden, dürfen Versicherer nur als monatliche lebenslange Leibrente und nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres auszahlen.

Alle Beiträge zu den genannten vier Versicherungen kann ein Steuerpflichtiger im Jahr 2005 zunächst zu 60 Prozent steuerlich vom Einkommen absetzen. Dabei gibt es aber eine Obergrenze: Es gilt ein Höchstbetrag von 20000 Euro. Außerdem gibt es einen weiteren Haken.

Die Entlastung für einen ledigen Arbeitnehmer ohne Kinder, Steuerkl. 1. (Foto: Tabelle: sueddeutsche.de)

Als Beitrag ist der gemeinsame Beitrag von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeint. Dadurch sind, zumindest bei Arbeitnehmern, schon 50 Prozentpunkte durch den ohnehin schon steuerfreien Arbeitgeberbeitrag für die Rentenversicherung ausgeschöpft.

Florian Bleikert vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) hat für die Süddeutsche Zeitung zwei Musterfälle errechnet: Ein Arbeitnehmer mit einem jährlichen Einkommen von 30.000 Euro zahlt 2925 Euro als Beitrag in die Rentenversicherung. Vom Arbeitgeber kommt die gleiche Summe, das ergibt einen Gesamtbetrag von 5850 Euro.

Von diesen 5850 Euro erkennt der Fiskus 2005 aber nur 60 Prozent an, also 3510 Euro. Davon werden 2925 Euro durch den Arbeitgeberbeitrag aufgefressen. Folglich kann der Arbeitnehmer 585 Euro als Sonderausgaben vom Einkommen abziehen lassen.

Deutlich höher fällt die Entlastung bei Besserverdienern aus. Ein Arbeitnehmer mit einem Einkommen von 70.000 Euro kann bei den Aufwendungen für die Altersvorsorge 2005 1216,80 Euro als Sonderausgaben geltend machen. Sorgt er zusätzlich mit einer privaten Leibrentenversicherung vor, kann er seine Steuerlast weiter deutlich reduzieren.

Beamte können nach dem gleichen Muster rechnen. Sie zahlen zwar nichts in die gesetzliche Rentenversicherung ein, aber es werden fiktive Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge von jeweils 9,75 Prozent angesetzt. Der abziehbare Betrag steigt in den Folgejahren jährlich um zwei Prozentpunkte an.

Im Jahr 2006 sind somit 62 Prozent, im Jahr 2007 64 Prozent und im Jahr 2025 schließlich 100 Prozent erreicht und die Beiträge vollständig steuerfrei.

Zweiter Topf: Sonstige Vorsorgeaufwendungen

Diesen zweiten Topf hat der Gesetzgeber neu geschaffen.

Er gilt für die übrigen Sozialversicherungsbeiträge wie Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sowie andere Aufwendungen für die Vorsorge wie zum Beispiel die private Haftpflichtversicherung. Für alle diese Beiträge gibt es von 2005 an einen eigenen Höchstbetrag von maximal 1500 Euro.

Er gilt nach Angaben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) für Arbeiter, Angestellte, Rentner, Beamte und Personen mit einem Beihilfeanspruch. Für alle anderen Steuerzahler (zum Beispiel Selbstständige) beträgt dieser Höchstbetrag 2400 Euro. Diese Grenzwerte werden nicht aufgestockt.

Bei steuerlich zusammenveranlagten Ehegatten werden die Höchstbeträge für jeden Ehegatten getrennt ermittelt. Arbeitnehmer, die außer ihren gesetzlichen Sozialversicherungsangaben keine weiteren Vorsorgeaufwendungen haben, brauchen nichts zu veranlassen, Ihr Arbeitgeber berücksichtigt diese Abgaben schon beim Lohnsteuerabzug.

Rechnet man nun die beiden Töpfe "Aufwendungen für die Altersvorsorge" und "sonstige Vorsorgeaufwendungen" zusammen, ergibt sich folgendes Bild: Der Arbeitnehmer mit einem Bruttoverdienst von 30.000 Euro kann insgesamt 2085 Euro (1500 Euro + 585 Euro) steuermindernd gelten machen. Nach altem Recht hätte er eine Vorsorgepauschale für beide Vorsorgekategorien in Höhe von 2001 Euro ansetzen können. Die Entlastung 2005 beläuft sich also auf 84 Euro. Der Arbeitnehmer mit einem Bruttoverdienst von 70.000 Euro kann insgesamt 2717 Euro abziehen, also immerhin 716 Euro mehr als im Jahr 2004.

Viele Rentner müssen mehr Steuern zahlen

Nicht zu verwechseln mit diesen beiden Töpfen sind die seit 2002 bestehenden Abzugsmöglichkeiten für Riester-Rentenverträge und geförderte Betriebsrenten. Die gibt es zusätzlich zu den hier beschriebenen Steuervergünstigungen für die Vorsorge.

Dass 2005 netto mehr herauskommt, hat aber auch eine Kehrseite: Viele Rentner müssen in Zukunft mehr Steuern zahlen. Wann und wie der Fiskus bei ihnen zuschlägt, ist in Teil zwei der SZ-Serie zu lesen.

© SZ vom 4.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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