Die Deutschen:Pessimismus-Weltmeister bremsen sich selber aus

Lesezeit: 1 min

Keine andere Industrienation schätzt ihre eigene Lage so negativ ein wie die Deutschen. Diese Skepsis verhindere Risikobereitschaft und Innovationsgeist und bremse so den wirtschaftlichen Aufschwung, glauben Experten.

Skepsis und fehlendes Vertrauen der Deutschen in die Politik bremsen nach Meinung von Experten den Aufschwung in Deutschland.

"Die Erwartungen der Deutschen sind so schlecht, wie in keinem Industriestaat der ganzen Welt", sagt Dominik Enste, Experte für Wirtschaftsethik beim arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) am Donnerstag.

Etwa drei Viertel der Bevölkerung denke, "mit dem Wirtschaftsstandort Deutschland geht es bergab". "In anderen Ländern im westeuropäischen Umfeld befürchten das nur 45 Prozent, in Ost- und Zentraleuropa sogar nur 16 Prozent der Bevölkerung", sagte Enste.

Diese Verunsicherung hat nach Angaben von Enste "viel mit den politischen Rahmenbedingungen in Deutschland zu tun, die von Seiten der Politik nicht transparent genug kommuniziert werden".

Vertrauen schafft Basis für Risikobereitschaft

Zudem kritisierte Enste die Darstellung von politischen Veränderungen in der Bundesrepublik. "Reform wird als Opfergang empfunden. Das sollte die Politik umdrehen in Richtung: Nach einer Durststrecke geht es auch wieder bergauf", appellierte Enste. Vertrauen schaffe die Basis für Risikobereitschaft.

"Wenn jemand vertraut, geht er auch mehr Risiko ein und ist damit offen für Globalisierung und internationalen Handel", sagte Enste. Länder, die besonders viel Vertrauen hätten - wie die Niederlande oder auch die skandinavischen Staaten, entwickelten mehr wirtschaftlichen Aufschwung, sagte Enste.

Auch von den USA könnte Deutschland viel lernen, meint zum Beispiel Klaus-Peter Schöppner vom Meinungsforschungsinstitut Emnid. "Das Anpacken statt Einpacken ist der Grund, dass die USA und nicht Deutschland aus der Krise kommt", sagte er der Bild-Zeitung.

Dabei spielten auch die Kosten für Kontrollen eine Rolle. Wenn man den Mitmenschen mehr vertraue, dann müsse man auch weniger überprüfen und spare Kosten für Rechtsanwälte oder andere Kontrollen, meinte der Wirtschaftsethiker. "Vertrauen in die Politik ist die wichtigste Basis für Unternehmen und Konsumenten, beispielsweise bei Investitionen und Konsumentscheidungen", sagte Enste.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: