Devisen:Büstenhalter lassen Dollar erzittern

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Die Handelsbeschränkungen der Vereinigten Staaten gegen China treiben den Euro auf Rekordhoch.

Von Gerd Zitzelsberger

Büstenhalter und Bademäntel waren es, die den Dollar weich werden und im Gegenzug den Euro auf einen Rekordstand klettern ließen: Am späten Dienstagabend sagte Grant Aldonas, Staatssekretär im US-Wirtschaftsministerium, dass Washington Einfuhrbeschränkungen für ausgewählten Textilien aus China plane.

Daraufhin rutschte der Dollar gegenüber Yen, Euro und anderen Währungen ab. In den frühen Morgenstunden des Mittwoch erreichte die europäische Gemeinschaftswährung dann sogar den Wert von 1,1977 Dollar je Euro; es ist der höchste Stand seit ihrer Einführung am Jahresanfang 1999.

Tagsüber pendelte der Euro kaum tiefer, und am Nachmittag notierte er mit 1,1934/38 Dollar.

Weil der starke Euro Lieferungen in das Ausland verteuert, reagierte der deutsche Aktienmarkt ebenfalls zunächst mit Kursrückgängen.

Umgekehrt verbilligt sich durch die Dollar-Schwäche Gold für Anleger, die in anderen Währungsräumen zuhause sind; deshalb zog das Edelmetall erstmals seit vielen Jahren bis beinahe zur Marke von 400 Dollar pro Feinunze an.

130 Milliarden Dollar Defizit

Büstenhalter sind ein besonderes Reizthema für Washington, wenn es um China geht: Im Jahr 2001 kam noch jeder zweite aus heimischen Fabriken.

Doch mittlerweile können die amerikanischen Unternehmen mit den billigen Preisen der China-Ware nicht mehr mithalten und müssen Beschäftigte entlassen. Im nächsten Jahr, so prognostiziert die Branche, wird nur noch jeder 17. BH aus eigener Produktion stammen, und zwei Drittel der Dessous kommen dann aus China.

Deutschland bezieht zwar auch immer mehr Konsumgüter aus Fernost, doch das bildet bei weitem kein solches Problem wie in den USA. Denn gleichzeitig floriert der deutsche Export von Anlagen und Maschinen in die Volksrepublik.

Die USA dagegen dürften im laufenden Jahr gegenüber China auf ein Handelsdefizit von 130 Milliarden Dollar kommen - selbst gegenüber Japan war das Defizit noch nie so hoch.

Die Nachricht von den Handelsbeschränkungen gegenüber China traf einen ohnehin schlecht gelaunten Devisenmarkt. Denn gerade vorher hatten neue Zahlen aus dem Washingtoner Wirtschaftsministerium bestätigt, dass Amerika als Magnet für internationales Kapital massiv an Anziehungskraft verliert.

Ausländisches Kapital aber brauchen die USA, um ihr Zahlungsbilanzdefizit von umgerechnet insgesamt 55 Milliarden Euro pro Monat zu finanzieren.

Wenn das Geld nicht wegen der Aussicht auf Wertbeständigkeit bei den Anleihen oder auf Kurssteigerungen bei den Aktien kommt, dann müsste es die Zentralbank mit höheren Zinsen anlocken.

Das aber wäre Gift für die Konjunktur und die Arbeitsplätze - und damit auch Gift für Präsident George W. Bush, der in einem Jahr wiedergewählt werden möchte.

Wenn freilich Handelssanktionen in Kraft treten, dann wird das zu Gegenreaktionen führen, fürchtet der Devisenmarkt. Die asiatischen Zentralbanken, so etwa Joachim Fels von der amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley, werden dann womöglich weniger US-Staatsanleihen kaufen und damit weniger Dollar nachfragen. Und natürlich versuchen die Devisenhändler, ein entsprechendes Nachgeben des Dollar vorwegzunehmen.

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