Deutschlands Top-100-Unternehmen I:Politik der nationalen Champions

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Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Nicolas Sarkozy war es, der die Chefs der verfeindeten Pharmakonzerne Sanofi-Synthélabo und Aventis, Jean-François Dehecq und Igor Landau, im April an einen Tisch zwang, um den Zusammenschluss zum nationalen Champion auszuhandeln.

Von Markus Balser

"Jouer dans la cour des grands" - auf dem Schulhof der Großen spielen, heißt das Ziel dieser französischen Industriepolitik. Ob Energieversorger Suez, Kosmetikkonzern LOréal, der Ölmulti Total, die Fluggesellschaft Air France oder der Einzelhändler Carrefour - sie alle gelten als wichtige Global Player ihrer Branche. Und wenn Gefahr droht, greift die Regierung angeschlagenen Unternehmen wie im Fall Alstom unter die Arme.

Nach einem Ranking des US-Wirtschaftsmagazins Fortune werden weltweit zehn von 50 untersuchten Industriezweigen von französischen Unternehmen angeführt. Aus Deutschland kommen nur vier Spitzenreiter.

Sarkozy löste mit seiner aggressiven Industriepolitik auch in Deutschland eine Debatte über den Sinn nationaler oder europäischer Champions aus. In der Autoindustrie sind deutsche Firmen gut aufgestellt, dazu in der Chemie, der Elektrotechnik und im Maschinenbau.

Bedeutungsverlust im Finanzsektor

In vielen anderen Branchen aber haben hiesige Unternehmen im globalen Vergleich an Bedeutung verloren - besonders deutlich im Finanzsektor: In nur zwölf Jahren fiel die Deutsche Bank gemessen am Börsenwert weltweit von Platz zwei auf Platz neunzehn. Die deutsche Industrie forderte längst ein große Bankenfusion in Deutschland. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder mahnte im Mai zur Eile.

Doch die kritischen Stimmen mehren sich. Der Aktivismus französischer Industriepolitik und die mediale Bewunderung für Engagement und Machertum der verantwortlichen Minister stehe in keinem Verhältnis zur Erfolgsbilanz dieser Politik, kritisierte vor kurzem die deutsche Monopolkommission bei der Vorstellung ihres Hauptgutachtens.

In Frankreich seien Milliarden für die Förderung von Schwer- und Computerindustrie sowie die Concorde verschwendet worden, warnte das Gremium. Dass Größe nicht alles ist, bewies zuletzt ausgerechnet ein französisches Unternehmen: Eine beispiellose Expansionspolitik führte den Konzern Vivendi an den Rand des Konkurses.

© SZ vom 29.07.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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