Deutsche Wirtschaft:Den Eltern entgegenkommen

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Die Unternehmen sollen familienfreundlicher werden. Berlin plant dazu einen Fortschrittsindex.

Von Max Ferstl, Berlin

Menschen neigen zu einem verzerrten Selbstbild. Sie finden sich toller oder schlechter als sie sind, was nicht immer ein Problem ist. Menschen, die Unternehmen leiten, scheinen sich eher zu überschätzen, zumindest im konkreten Fall: Eine Studie der Roland Berger GmbH hat im vergangenen Jahr Unternehmen nach ihrer Familienfreundlichkeit gefragt. 44 Prozent finden sich "sehr familienfreundlich", von den Mitarbeitern sahen das nur 24 Prozent so - was ein Problem ist.

"Es gibt eine Diskrepanz zwischen Realität und Anspruch", sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag in Berlin. Das Unternehmensnetzwerk "Erfolgsfaktor Familie", eine Initiative des Familienministeriums, hat den symbolischen Vereinbarkeitstag organisiert. Die Notwendigkeit ist offenbar vorhanden. Zwar würden immer mehr Unternehmen Familie und Beruf nicht als Gegensatz, sondern Chance begreifen, so Giffey. Trotzdem sind laut der genannten Studie nur ein Drittel der Angestellten in der Hinsicht zufrieden mit ihrem Arbeitgeber.

Dabei brauchen Unternehmen dringend arbeitende Mütter und Väter. "Angesichts der demografischen Situation können wir auf qualifizierte Fachkräfte nicht verzichten", sagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Es sei daher "in unserem eigenen Interesse", Eltern entgegenzukommen. Und dafür sorgen, dass diese auch vom Entgegenkommen erfahren. Das ist nicht immer der Fall: Zwar bieten 52 Prozent der Firmen an, dass man zuhause arbeiten kann, aber nur 20 Prozent der Mitarbeiter wissen davon. Auch hier die Diskrepanz zwischen Realität und Anspruch.

Immerhin dieses Problem könnte sich bald lösen. Das Familienministerium plant den "Fortschrittsindex Vereinbarkeit", der Familienfreundlichkeit objektiv messen soll. Ein Faktor könnte zum Beispiel sein, wie viele Väter in Elternzeit gehen. Der Index, so die Idee, soll ein Gütesiegel werden, mit dem Unternehmen für sich werben können. Dann wissen sie auch, wie familienfreundlich sie wirklich sind.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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