Deutsche Post:Nächste Leerung? Sagen wir nicht!

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Die Post will die jeweils nächste Leerung der Briefkästen nicht mehr anzeigen.

Gerhard Hennemann

(SZ vom 24.06.2003) — Bis hinauf in die Chefetage der Deutschen Post ist er inzwischen bekannt wie ein bunter Hund: Gerhard Saborowski, pensionierter Postbeamter und Sprecher der Bürgerinitiative Waldheim, die vor einigen Jahren die Einrichtung einer Postfiliale am Stadtrand von Hannover erzwang.

Relikt aus Kaisers Zeiten

Seither piesackt Saborowski nicht nur die Post, sondern auch die Bonner Regulierungsbehörde mit einem Thema, bei dem sich der Niedersachse voll im Recht fühlt. Es geht um die von der Post seit Mitte 2001 betriebene Demontage der so genannten Drehkränze, die zumindest bei einem Teil der Briefkästen jeweils den aktuellen Stand der Leerung anzeigen.

Mit einem Vierkantschlüssel werden die Anzeiger, die die Post als ein Relikt aus Kaisers Zeiten schnellstmöglich loswerden möchte, bei jeder Briefkastenleerung weitergedreht. So weiß jeder Postkunde im Zweifelsfall, ob ein Briefkasten schon geleert wurde oder ob die Sendung dank verspäteter Leerung doch noch rechtzeitig zugestellt wird.

Von den Argumenten, die nach Meinung der Post für die Abschaffung der Drehkränze sprechen, vor allem deren angebliche Störanfälligkeit bei Frost, ließ sich Saborowski von Anfang an nicht beeindrucken.

Statt dessen sensibilisierte er in zäher Öffentlichkeitsarbeit den Gesetzgeber, der Ende 2001 die so genannte Post-Universaldienstverordnung - im Amtsdeutsch kurz PUDLV genannt - dahingehend präzisierte, dass auf den Briefkästen alle Leerungszeiten "und die nächste Leerung" angegeben werden müssen.

Was Saborowski als persönlichen Erfolg verbuchen konnte, beeindruckte die Post herzlich wenig. Vielmehr konnte man seither den Eindruck gewinnen, dass der immer noch mächtige Briefmonopolist im Zuge seiner laufenden Rationalisierungskampagne vorrangig Briefkästen mit den Drehkränzen demontieren ließ.

Inzwischen kämpft Saborowski gegen Windmühlenflügel. Mal ist es die regionale Post-Repräsentanz in Hannover, die ihn damit vertröstet, dass in der Konzernzentrale intensiv über eine Lösung des Problems nachgedacht werde. Mal erfährt er aus Bonn, dass mit Hilfe eines neuen Kontrollsystems auf Scannerbasis sicherstellt wird, dass die Leerungen der Briefkästen nicht vor den angegebenen Zeiten erfolgen.

"Unerwünschter Nebeneffekt"

Dies sei ausreichend, um den Vorgaben der PUDLV Rechnung zu tragen, denn der Verordnungsgeber schütze ja nicht die Interessen derjenigen Verbraucher, die auf eine verspätete Leerung der Briefkästen spekulierten, heißt es bei der Post.

Enttäuscht ist Saborowski inzwischen auch von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP), die das Unternehmen nach seiner Meinung mit Glacé-Handschuhen anfasst. In der Tat gibt die RegTP nicht eindeutig zu verstehen, ob das Verhalten der Post im Zusammenhang mit der nächsten Leerung nun den Anforderungen der Universaldienstleistungsverordnung entspricht oder nicht.

Auch die Süddeutsche Zeitung erhielt jetzt auf Anfrage nur eine ausweichende Antwort. Die Umrüstung aller Briefkästen mit einer Anzeige für die nächste Leerung berge die Gefahr, dass die Post die Zahl ihrer Briefkästen weiter reduzieren werde, war zu erfahren. Dieser "unerwünschte Nebeneffekt" läge sicherlich nicht im Interesse der Postkunden, heißt es bei der Bonner Regulierungsbehörde.

Für Saborowski steht damit fest, dass auch die RegTP gegen geltendes Recht verstößt, indem sie vor der mächtigen Deutschen Post AG kuscht.

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