Deutsche Bank: Aktionärstreffen:Wie sage ich's meinem Aktionär?

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Tag der Abrechung: Deutsche-Bank-Chef Ackermann und Chefkontrolleur Börsig müssen sich bei der Hauptversammlung unangenehme Fragen gefallen lassen.

M. Hesse

Das hatte Josef Ackermann und Clemens Börsig gerade noch gefehlt. Als drohte dem Vorstandschef und dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank bei der Hauptversammlung an diesem Dienstag nicht schon genug Ärger, gibt es nun neben Führungsstreit und Finanzkrise ein weiteres Thema, das kritische Fragen der Aktionäre provozieren dürfte: Auch Deutschlands größtes Kreditinstitut hat offenbar eine Datenaffäre.

Das wird heikel: Deutsche-Bank-Aufsichtsratchef Clemens Börsig (li.) und der Vorstandsvorsitzende Josef Ackermann müssen sich bei der Hauptversammlung am Dienstag zu den Themen Führungsstreit und Datenaffäre erklären. (Foto: Foto: dpa)

Zwar versichert die Bank, das Ausmaß der Verstöße sei nach allem, was man bisher wisse, nicht vergleichbar mit den Affären bei anderen Konzernen. Bei der Deutschen Bahn und bei der Telekom waren Mitarbeiter in großem Stil bespitzelt worden. Doch die Beteuerungen werden die Aktionäre kaum zufriedenstellen, da sie kaum etwas über Umfang und Hintergrund der Probleme wissen.

Am Freitagabend hatte die Deutsche Bank eingeräumt, es bestehe der Verdacht, dass gegen Vorschriften der Konzernsicherheit verstoßen worden sei. Die Bank präzisierte allerdings nicht, um welche Art von Verstößen es sich handelt. Sie schloss nur aus, dass Kontendaten oder andere Informationen über Kunden betroffen seien. Dem Vernehmen nach sollen einige Personen aus dem Umfeld der Bank bespitzelt worden sein.

Null Toleranz

Die bisher bekannten Fälle liegen mehrere Jahre zurück, Verstöße aus der jüngeren Vergangenheit sind bislang nicht aufgefallen. Die Deutsche Bank schaltete zunächst eine Anwaltskanzlei ein, die den Fall unabhängig untersuchen soll. Erste Erkenntnisse der Sozietät bewogen die Bank offenbar dazu, auch die Finanzaufsicht Bafin zu informieren. Die Bafin leitete dann am Freitag eine Sonderprüfung ein.

In Finanzkreisen wird die Einschaltung der Bafin als Hinweise darauf gesehen, dass die Bank den Sicherheitsmangel als gravierend ansieht. Andererseits hatte Bankchef Ackermann in der Vergangenheit mehrfach erklärt, bei Verstößen gegen Sicherheitsbestimmungen null Toleranz üben zu wollen. Eine Notwendigkeit, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, haben die bisherigen Untersuchungen der Kanzlei offenbar nicht ergeben. Sie dürften jedoch noch einige Wochen andauern, heißt es.

Mehr Zündstoff dürfte daher bei der Hauptversammlung das Führungschaos bergen, in das die Deutsche Bank über die Nachfolgeregelung von Josef Ackermann gestürzt war. Wochenlang war darüber spekuliert worden, wer den Schweizer beerben könnte, wenn er wie stets verkündet im Mai 2010 zurücktritt. Nach einer Aufsichtsratssitzung teilte die Bank am Abend des 28. April völlig überraschend mit, dass Ackermanns Nachfolger Ackermann heißen werde. Er habe die Deutsche Bank so gut durch die Finanzkrise gesteuert, dass man mit seiner erneuten Berufung für Kontinuität sorgen wolle, ließ Aufsichtsratschef Börsig verbreiten.

Zwei gravierende Fehler

Zwei Tage später stellte sich heraus, dass Börsig nach der Sitzung eigentlich etwas ganz anderes hatte verkünden wollen. Noch am Morgen hatte Börsig sich selbst als neuen Chef installieren wollen. Wie es dazu kam, dazu kursieren noch immer unterschiedliche Darstellungen. Als wahrscheinlich gilt, dass Ackermann angesichts der Nachfolgespekulationen angeboten hatte, bereits bei der diesjährigen Hauptversammlung zurückzutreten. Daraufhin soll Börsig in die Bresche gesprungen sein.

Der kantige Manager, der als Aufsichtsratschef für die Regelung der Nachfolge zuständig ist, habe zwei gravierende Fehler gemacht: Erstens gelang es ihm nicht, aus dem Kreis der Bankführung in den vergangenen Jahren einen Nachfolger aufzubauen. Zudem bereitete er seine eigene Krönung nicht gewissenhaft vor. Weder die Arbeitnehmerbank noch einzelne Eigentümervertreter im Aufsichtsrat wollten Börsig als Vorstandschef mittragen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als Ackermann zum Bleiben zu drängen.

Seither ranken sich in Frankfurt Verschwörungstheorien. Allen Rücktrittsspekulationen zum Trotz hat Börsig bislang keine Anstalten gemacht, seinen Posten zu räumen. Die Aktionäre werden daher vor allem eine Frage stellen: Ist es nach dem Desaster zumutbar, dass Börsig als Aufsichtsratschef in wenigen Jahren ein zweites Mal die Chef-Nachfolge der größten deutschen Bank regelt?

© SZ vom 25.05.2009/lauc/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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