Deutsche Bahn:Mit Macht gegen die Konkurrenz

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Die Deutsche Bahn hat nach Angaben aus Regierungskreisen versucht, eine Gesetzesreform zu entschärfen, die den Wettbewerb auf der Schiene fördern soll.

Von Klaus Ott

An diesem Mittwoch wollte das Bundeskabinett unter Vorsitz von Kanzler Gerhard Schröder eigentlich ein Vorhaben beschließen und der Öffentlichkeit präsentieren, das für mehr Konkurrenz bei den Eisenbahnen sorgen könnte.

Die von Verkehrsminister Manfred Stolpe eingebrachte Novelle des Eisenbahngesetzes soll garantieren, dass die Deutsche Bahn (DB) ihr Beinahe-Monopol beim Schienennetz nicht dazu missbraucht, andere Bahnunternehmen zu behindern.

EU macht Vorgaben

Dazu ist unter anderem eine "präventive Aufsicht" über das Streckennetz durch eine neue Trassenagentur geplant, die laut Entwurf beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA) angesiedelt wird. Das EBA kontrolliert den Bahnverkehr.

Vor der Kabinettssitzung wurde der Gesetzestext auf Betreiben von DB-Vorstandschef Hartmut Mehdorn wieder von der Tagesordnung genommen. Nach Angaben aus Regierungs- und Koalitionskreisen hatte Mehdorn im Kanzleramt wegen einer Vorschrift interveniert, die dazu führen würde, dass er den Aufsichtsratsvorsitz in der Tochtergesellschaft DB Netz AG niederlegen und dort ausscheiden müsste.

Die Gesetzesnovelle hätte die Konsequenz, dass die Aufsichtsräte der Netz AG nicht gleichzeitig den Kontrollgremien anderer DB-Gesellschaften angehören dürften.

Dabei handelt es sich um eine von vielen Maßnahmen, mit denen die "Unabhängigkeit der Schienenwege" garantiert werden soll. Die DB Netz AG habe mit Strecken von rund 36.000 Kilometern Länge "nahezu ein Monopol", heißt es in der Begründung für die Novelle.

Von der neuen Vorschrift wäre Mehdorn insofern betroffen, als er den Aufsichtsräten mehrerer Tochtergesellschaften angehört. DB-Sprecher Werner Klingberg erklärte auf Anfrage: "Uns leuchtet nicht ein, dass Vorstände des Gesamtkonzerns nicht länger als Aufsichtsräte das Management der Tochtergesellschaften kontrollieren sollen. Diese Pflicht ergibt sich schon aus dem Aktiengesetz."

Verkehrsexperte Reinhard Weiß aus der SPD-Bundestagsfraktion widersprach. Für den Wettbewerb auf der Schiene sei auch eine solche Trennung zwischen der Netz AG und den anderen Unternehmensbereichen notwendig. Weiß bezeichnete Mehdorns Vorstoß als "wenig hilfreich für ihn und die Bahn".

"Ambitionierte Planung"

Ähnlich äußerte sich auch der Abgeordnete Albert Schmidt von Bündnis 90/Die Grünen. "Der Versuch, die Aufsichtsräte zu vermischen, erhöht nicht das Vertrauen in die Neutralität des Netzes und fördert nicht den Wettbewerb." Das Verkehrsministerium wiederum berief sich auf einen kürzlich aus Brüssel eingegangenen Brief.

Darin habe die EU-Kommission betont, die Unabhängigkeit auch der Aufsichtsräte zähle zu den "kritischen Punkten" eines derartigen Gesetzes. Nach Angaben des Ministeriums plant die Regierung nunmehr, die Novelle in unveränderter Form zu verabschieden und dem Bundestag zuzuleiten.

Unterdessen verzögern sich die Vorbereitungen für einen späteren Börsengang des Staatsunternehmens DB weiter. Laut einem Vermerk des Verkehrsministeriums kann die Investmentbank Morgang Stanley eine "belastbare Analyse" der DB AG, die bereits Ende 2003 vorliegen sollte, frühestens in den nächsten Monaten präsentieren. Das Gutachten verzögere sich, da erst feststehen müsse, wie viele Mittel die Bahn vom Bund für das Schienennetz bekomme.

Anschließend sei abzuwarten, ob die "ambitionierte Planung" der DB mit Gewinnen in den Jahren 2004 und 2005 nach einer längeren Verlustphase "tatsächlich eintritt".

Der Börsengang könne dann frühestens 2006 stattfinden. DB-Sprecher Klingberg sagt: "Wenn der Eigentümer das will, wären wir im Frühjahr 2006 bereit".

In der Bundesregierung und der Regierungskoalition wird wegen der Bundestagswahl im Herbst 2006 ein politisch womöglich heikler und umstrittener Börsengang der Bahn in jenem Jahr allerdings kategorisch ausgeschlossen.

© SZ vom 12.03.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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