Deutsche Bahn mit Hansen:Wendehals mit Statusvorteil

Lesezeit: 2 min

Frech und dreist - der einstige Gewerkschafter als Top-Manager und Topverdiener. Via "Bild" verkündet Norbert Hansen, wie er als Bahn-Arbeitsdirektor Jobs einsparen will. Das zeigt: Dem Mann ohne Rückgrat ist das soziale Gewissen endgültig abhanden gekommen, er ist nur noch am eigenen Wohl interessiert.

Melanie Ahlemeier

Solidarität ade: Norbert Hansen, neuer Arbeitsdirektor bei der Deutschen Bahn und bis vor kurzem Chef der Gewerkschaft Transnet, ist offenbar schon gut bei seinem neuen Arbeitgeber angekommen. Oder drastischer formuliert: Sein Rückgrat hat er bei der Transnet vergessen.

Grenzgänger: Norbert Hansen (Foto: Foto: dpa)

Bahnchef Hartmut Mehdorn hat den hochgewachsenen Gewerkschafter mit der markanten Stimme bereits knallhart auf Konzernlinie getrimmt. Via Zentralorgan Bild verkündete Hansen, der seit 1999 an der Spitze der größten bei der Bahn organisierten Gewerkschaft stand, die Horrornachricht für alle Bahn-Mitarbeiter: Geht der Konzern demnächst an die Börse, fallen wohl etliche Jobs weg. Das ging selbst Bahn-Vorstandschef Hartmut Mehdorn zu schnell. Er dementierte - und fand Spekulationen "an den Haaren herbeigezogen".

Zugführer können sich mit ihm als neuen Bahn-Arbeitsdirektor auf knallharte Zeiten einstellen - und auf neue Arbeitsplatzbeschreibungen. Hansens Botschaft: Lokführer können nicht nur Züge steuern, sondern "in den Zugabteilen auch mal aufräumen oder auf einem kleinen Bahnhof mit anpacken". Die Begeisterung bei den Männern und Frauen im Führerstand dürfte sich ob der Degradierung zur Reinigungskraft in Grenzen halten.

Schon vor Hansens Bestätigung durch den Bahn-Aufsichtsrat hatte der für die Öffentlichkeit überraschende Wechsel von der Gewerkschaft zum letzten deutschen Staatskonzern einen faden Beigeschmack. Die Art und Weise, wie der neue Arbeitsdirektor zwei Wochen vor Dienstantritt Bahn-Angestellte auf die Zukunft einschwört, zeigt Hansens diplomatisches Ungeschick. Und, dass er ein Mann mit zwei Gesichtern ist.

Überzeugte Gewerkschafter hatten schon bei Bekanntwerden des Seitenwechsels gefragt, wie der Bahn-Job mit der Gewerkschaftsseele zusammenpasst. Jetzt hat Hansen seine Ex-Gewerkschaft und damit die Solidarität unter den Bahn-Angestellten endgültig verraten. Manche erinnern sich, dass Transnet als einzige Gewerkschaft für die Bahn-Priviatisierung plädierte.

Schon während er den Struktursicherungs-Tarifvertrag für die Transnet-Beschäftigten mit der Deutschen Bahn aushandelte, feilschte Hansen zeitgleich auch um seinen eigenen - vermutlich hoch dotierten - Arbeitsvertrag. Nur mal so zur Einordnung: Seine Amtsvorgängerin bei der Bahn, Margret Suckale, hat deutlich mehr als 100.000 Euro bei der Bahn verdient - pro Monat.

Nun rückt Hansen in der neu geschaffenen Holding auf den Posten des Arbeitsdirektors, der offenbar einmal für Margret Suckale vorgesehen war. Eine solche Personalie ist für einen Arbeitgeber im Normalfall teuer. Von daher dürfte sich Hansen demnächst am Monatsende über ein Vielfaches seines bis dato überschaubaren Gewerkschaftssalärs freuen.

Der aktuelle Polterauftritt von Wendehals Hansen zeigt auch: Dem gebürtigen Norddeutschen kommt es offenbar sehr auf sein eigenes Wohl an. Noch im November, als die konkurrierende Gewerkschaft der Lokomotivführer für höhere Gehälter streikte, griff der damalige Transnet-Chef Hansen die deutlich kleinere Organisation scharf an. "Der GDL geht es nur um einen Statusvorteil", redete Hansen sich in Rage.

Nun ja, heute geht es Hansen nur um seinen eigenen Status, um seinen eigenen Vorteil. Solidarität ade.

© sueddeutsche.de/jja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: