Deutsche Bahn:Mit billigen Tickets an die Börse

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Für 29 Euro mit dem Zug quer durch Deutschland - das ist die jüngste Schnäppchenofferte der Bahn, der nun weitere Sonderaktionen folgen sollen. Denn das Staatsunternehmen will seine Züge stärker auslasten, um seine Börsenfähigkeit nachzuweisen.

Von Klaus Ott

Die Kunden der Bahn nutzen immer häufiger die vielen Billig-Tickets, die das Staatsunternehmen seit dem vergangenen Jahr verstärkt anbietet. In den Fernzügen (IC, ICE) löst nach Angaben der Deutschen Bahn inzwischen nicht einmal mehr jeder fünfte Reisende die Fahrscheine zum regulären Preis.

Die Mehrzahl nutzt entweder die BahnCard, mit der es 25 oder 50 Prozent Rabatt gibt, oder eines der vielen Sonderangebote. Derzeit ist es beispielsweise möglich, für 29 Euro durch ganz Deutschland (bei Buchung drei Tage im Voraus) oder für 39 Euro ins Ausland (Wien, Zürich, Brüssel, Amsterdam) zu fahren.

"Mit jedem Sonderticket steigt die Zahl der Kunden weiter, die keinen normalen Fahrschein lösen", erklärte die DB auf Anfrage. Weitere Aktionspreise seien geplant, um vor allem neue Kunden zu gewinnen.

Fernzüge nur zu 40 Prozent ausgelastet

Die Fernzüge sind bislang nur zu 40 Prozent ausgelastet. Die Bahn will in den nächsten Jahren wenigstens knapp 50 Prozent der Plätze im IC und ICE verkaufen, um das Staatsunternehmen attraktiv genug für eine teilweise Platzierung an der Börse zu machen. Das sei eine der Voraussetzungen für den Verkauf von Aktien, heißt es in einem von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten über die Börsenfähigkeit der Bahn.

"Der Zugang zum Kapitalmarkt ist unumgänglich", sagte DB-Vertriebsvorstand Jürgen Büchy bei einer Tagung des Deutschen Reisebüro Verbandes (DRV). Die Bahn gehe mit attraktiven Ticket-Angeboten in die Offensive und müsse gleichzeitig wegen des "massiven Kostendrucks" im Unternehmen weitere Fahrkartenschalter schließen, das Personal dort stark verringern und die Provisionen für Reisebüros und Agenturen kürzen.

In diesem und im nächsten Jahr werde man die Vertriebskosten um insgesamt 100 Millionen Euro senken, berichtete Büchy dem DRV. Vorstandschef Hartmut Mehdorn wiederum informierte die Führungskräfte der Bahn per Rundschreiben über einen generellen Ausgabenstopp, der "noch einmal zu schmerzhaften Einschnitten" führen könne.

Das sei aber nötig, um nach einer mehrjährigen Verlustphase dieses Jahr wieder einen Gewinn ausweisen zu können. Der Kundenservice sei aber gewährleistet, erklärte Mehdorn.

Doch auch hier wird gespart. Die Bahn benötigt nach eigenen Angaben bislang 16 Prozent der Ticketerlöse für den Verkaufsprozess der Fahrscheine. In Anbetracht der harten Konkurrenz durch den Straßen- und Flugverkehr sei dies zu viel. Allein im Fernverkehr wären das, bei Einnahmen von etwa drei Milliarden Euro pro Jahr, fast 500 Millionen Euro.

Die Bahn hat deshalb seit dem Jahr 2000 die Zahl der Fahrkartenschalter und Reisezentren von 896 auf 592 verringert. In diesem und im nächsten Jahr werden außerdem 1000 von 4000 Stellen beim Ticket-Verkauf gestrichen.

Mehr Automaten

Die Kunden müssen sich umstellen und die Fahrscheine zunehmend am Automaten ziehen oder über das Internet bestellen. Im Jahr 2000 verkaufte die Bahn nur etwa jedes zehnte Ticket am Automaten, im nächsten Jahr soll es bereits jedes fünfte sein. Der Anteil der Internet-Buchungen am gesamten Fahrkarten-Umsatz soll in diesem Zeitraum von 0,5 auf 5,9 Prozent steigen. Bei den Schaltern ist die Tendenz genau umgekehrt. Im Jahr 2000 holten die Kunden noch mehr als jedes zweite Ticket dort ab, im kommenden Jahr soll nur noch etwas mehr als jedes dritte Ticket dort abgeholt werden.

Ein wichtiger Vertriebsweg für die Bahn sind bislang die Reisebüros sowie Agenturen, beispielsweise Kioske an Bahnhöfen, in denen die Schalter geschlossen wurden. Bislang gewährte die DB diesen Geschäftspartnern sieben bis zwölf Prozent Provision beim Verkauf der Tickets, künftig sollen es in der Regel fünf bis acht Prozent sein.

Auch hier müsse stark gespart werden, erklärte die DB auf Anfrage. Der Verkauf von Fahrkarten müsse sich aber noch lohnen, fordert der Deutsche Reisebüro Verband. "Die neuen Provisionen wären das Ende des flächendeckenden Ticket-Vertriebs", kritisiert Geschäftsführer Siegfried Klausmann von einem Freiburger Reisebüro, der eine Protestaktion gegen die Bahn organisiert. Viele Agenturen stünden dann vor dem Ruin, warnt Klausmann.

© SZ vom 02.08.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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