Deutsche Bahn:Mehdorns "Maulkorb"

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Der Streit um die Finanzen der Deutschen Bahn (DB) weitet sich aus. Vorstandschef Hartmut Mehdorn will dem FDP-Bundestagsabgeordneten Horst Friedrich per Gericht dauerhaft untersagen lassen, dem Staatsunternehmen "Bilanzkosmetik" vorzuwerfen.

bry/o.k.

(SZ vom 25.9.2003)— Über eine entsprechende Klage der DB beim Landgericht Frankfurt am Main unterrichtete Friedrich am Mittwoch den Verkehrsausschuss des Bundestages. Alle Fraktionen kritisierten daraufhin die Vorgehensweise von Mehdorn. Der Konzernchef dürfe dem Parlament bei den Kontrolle des Staatsunternehmens keinen "Maulkorb" verpassen.

Der Ausschuss hat Bundestagspräsident Wolfgang Thierse eingeschaltet. Thierse solle "dem Vorgehen der Deutschen Bahn entschieden entgegentreten", heißt es in einem Brief des Verkehrsausschusses.

Von der Pflicht zur Kritik

Und weiter: Die Ausschussmitglieder hätten "das Recht und die Pflicht, bundeseigene Unternehmen kritisch zu begleiten." Thierse müsse dafür sorgen, dass die Abgeordneten sich frei äußern können.

Wegen der zunehmenden Kritik am Finanzplan und an der Bilanz der Bahn hat Aufsichtsratschef Michael Frenzel eine Sondersitzung des Kontrollgremiums im Oktober angekündigt. Dort sollen auch die Vorwürfe der Bahngewerkschaft Transnet erörtert werden, der Finanzplan bis 2007 sei fragwürdig.

Transnet-Chef Norbert Hansen warnte Mehdorn davor, mit Blick auf einen Börsengang die Bahnbilanz schönzurechnen. Hansen ist auch stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der DB. Dessen Chef Frenzel nimmt Mehdorn in Schutz. Die diversen Manipulations-Vorwürfe seien "an den Haaren herbeigezogen".

Mehdorn will nicht "kriminalisiert" werden

Mehdorn selbst wirft seinen Kritikern vor, ihn "kriminalisieren" zu wollen. Das sei nicht hinnehmbar. Der Freidemokrat Friedrich hatte Mitte des Jahres behauptet, Mehdorn habe im Jahr 2000 mit hohen Rückstellungen für spätere Personalkosten bewusst ein schlechtes Ergebnis in Kauf genommen. Seitdem verringere die DB ihren Personalaufwand "optisch" um jährlich 300 Millionen Euro und weise dies als Sanierungserfolge aus.

Die DB erwirkte im Juli eine einstweilige Verfügung gegen Friederich. Der wiederum forderte die DB auf, ihn in einem Hauptsacheverfahren zu verklagen oder die einstweilige Verfügung verfallen zu lassen. Daraufhin reichte die DB Klage gegen Friedrich ein. "Friedrich hat das so gewollt", erklärte DB-Sprecher Dieter Hünerkoch. Es gebe aber noch Gespräche über eine gütliche Beilegung des Streits.

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