Deutsche Bahn:Mehdorn aus der Schusslinie

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Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, steht der Chef der Deutschen Bundesbahn, Hartmut Mehdorn, nicht länger unter unmittelbarem Korruptionsverdacht. Dafür konzentrieren sich die Ermittlungen jetzt auf ein anderes Vorstandsmitglied.

Der Korruptionsverdacht gegen Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hat sich zunächst nicht erhärtet. Es zeichne sich ab, dass eine unmittelbare Verantwortlichkeit Mehdorns für den umstrittenen Beratervertrag mit dem Brandenburger Ex-Verkehrsminister Hartmut Meyer nicht nachweisbar sei, erklärte die Staatsanwaltschaft Neuruppin.

Allerdings weitete die Behörde ihr Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdachts auf ein zweites Vorstandsmitglied aus.

Mehdorn wehrt sich

Die Auswertung der bei Durchsuchungen am vergangenen Montag sichergestellten Unterlagen habe ergeben, dass für Vorbereitung und Abschluss des Beratervertrages ein einzelnes Vorstandsmitglied der Bahn AG zuständig sei, sagte ein Justizsprecher. Bahnchef Mehdorn nannte die aktuellen Vorwürfe gegen sein Unternehmen "absolut nicht nachvollziehbar".

In einem der AP vorliegenden Brief an die 245.000 Bahn-Mitarbeiter begründete Mehdorn die Verpflichtungen: "Ein Unternehmen wie die Bahn, das wie kein anderes im politischen Spannungsfeld steht, braucht Unterstützung auf politischer Ebene." Er selbst habe sich seit seinem Amtsantritt "massiv gegen Korruption eingesetzt und diesen Anti-Korruptionskurs mit allem Nachdruck durchgesetzt", schrieb der Bahnchef.

Beraterpraxis fragwürdig

Das Unternehmen war in die Kritik geraten, weil es im Dezember 2002 einen Milliardenvertrag mit dem Brandenburger Verkehrsminister Meyer über den Regionalverkehr geschlossen und Meyer nach dessen Rücktritt im September 2003 als Berater beschäftigt hatte. Daneben hat die Bahn weitere Politiker, darunter den früheren Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt und den früheren bayerischen Finanzminister Georg von Waldenfels (CSU), unter Vertrag.

Der Staatsanwaltschaft zufolge haben die Gespräche zwischen der Bahn und Meyer über dessen Tätigkeit spätestens im Juli 2003 und damit bereits in Meyers Amtszeit begonnen. Der Vertrag sei jedoch erst am 10. Februar 2004 rückwirkend zu Jahresbeginn unterschrieben worden.

Beim Brandenburger Landtag hatte der SPD-Abgeordnete Meyer seine Nebentätigkeit jedoch erst zum 01. März 2004 gemeldet. Dabei habe er allgemeine Beratertätigkeit angegeben, sagte ein Parlamentssprecher der AP.

Zur Höhe der Bezüge von der Bahn wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht äußern. Die Berliner Zeitung hatte berichtet, Meyer habe 10.000 Euro pro Monat ausgehandelt. Der Politiker war wegen einer Urlaubsreise nicht zu erreichen.

Kritik auch von Stolpe

Unterdessen kritisierte auch Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe die Beratertätigkeit Meyers, der in Stolpes Amtszeit als Brandenburger Ministerpräsident Landesverkehrsminister war.

"Es kann Fragen aufwerfen, wenn ein Politiker einen Beratervertrag von der Bahn erhält, nachdem er kurze Zeit zuvor einen Verkehrsvertrag mit diesem Unternehmen abgeschlossen hat", sagte Stolpe der Zeitung Märkische Allgemeine in Potsdam.

Meyer hatte im Dezember 2002 mit der Bahn AG einen Verkehrsvertrag mit einem Volumen von 1,9 Milliarden Euro und einer Laufzeit von zehn Jahren abgeschlossen, der dem Unternehmen bis 2012 den Großteil des Regionalverkehres in Brandenburg sichert.

Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass er seit seinem überraschenden Rücktritt als Minister im Herbst 2003 als Berater für die Bahn arbeitet. Nach der Anzeige eines Berliner Polizisten hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdachts gegen Mehdorn und Meyer eröffnet.

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