Deutsche Bahn:Fernverkehr sorgt für Verlust

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Auf langen Strecken spürt die Bahn die Konkurrenz der Fluggesellschaften am stärksten. Dennoch schließt Vorstandschef Mehdorn Preiserhöhungen nicht aus.

Von Ulf Brychcy

Die Deutsche Bahn hat weiterhin erhebliche Probleme mit ihrem Fernverkehr. "Hier tun wir uns am schwersten, vor allem wegen der Flugkonkurrenz", sagte Bahnvorstandschef Hartmut Mehdorn. Er schloss nicht aus, dass die stark gestiegenen Energiepreise die Bahn erneut zu Preiserhöhungen zwingen könnten, aber nicht mehr in diesem Jahr.

Konkurrenten ganz nah: ICE am Flughafen-Terminal. (Foto: Foto: dpa)

Seit gut eineinhalb Jahren steckt die Fernverkehrssparte der Deutschen Bahn (DB) in hartnäckigen Schwierigkeiten. Zwei Tarifreformen, die anhaltende Konkurrenz durch innerdeutsche Billigflieger sowie die abgekühlte Reiselust vieler Kunden haben dem Bahnkonzern deutlich zugesetzt.

Die Auslastung der ICE- und Intercity-Züge ist insgesamt nach wie vor zu gering. "Unser Sorgenkind hat sich zwar positiv entwickelt", sagte Bahnchef Mehdorn bei der Vorlage der Halbjahreszahlen. So musste die Fernverkehrssparte von Januar bis Ende Juni einen Betriebsverlust von 214 Millionen Euro ausweisen. Im Vorjahreszeitraum lag das Minus noch bei 263 Millionen Euro. Mit einer spürbaren Trendwende hin zum Gewinn aber rechnen die Bahnverantwortlichen entgegen ihrer eigenen Planungen in diesem Jahr nicht mehr.

Aus für den Metropolitan

"Der Fernverkehr ist noch tiefrot", räumte Bahnfinanzvorstand Diethelm Sack ein. Die Gewinnzone werde hier erst im nächsten oder übernächsten Jahr erreicht, prognostizierte er. Mit Sonderangeboten wie dem 29-Euro-Ticket (einfache Strecke quer durch Deutschland; 2.Klasse) oder der Kombinierbarkeit der Bahncard 25 mit den Frühbucher-Sparpreisen, die eigentlich im September gestrichen werden sollte, will der Transportkonzern zusätzliche Fahrgäste anlocken.

Der Bahnvorstand verspricht sich durch die flexiblen Preise eine schrittweise Erhöhung der Zugauslastungen. Zusätzliche Kunden erwartet die DB auch durch die neue Schnellverbindung zwischen Hamburg und Berlin, die vom 14. Dezember an die Fahrzeit von derzeit gut zwei Stunden auf 90 Minuten verkürzt. "Das wird die schnellste Verbindung Deutschlands", sagte Mehdorn.

Zugleich durchforsten die Bahnmanager die Kosten und hier vor allem die Personalausgaben und Investitionen in neue Züge. "Da schauen wir genau hin", sagte Mehdorn. Ein Opfer wird der Luxuszug Metropolitan sein, der seit 1999 zwischen Hamburg und Köln pendelt. "Der Zug ist nicht wirtschaftlich", stellte er fest. Zwar gibt es noch keinen endgültigen Beschluss. Der Bahnchef deutete aber an, dass die Verbindung zum nächsten Fahrplanwechsel im Dezember von normalen Intercitys und ICEs ersetzt werden soll. "Unser Auftrag ist es, die Bahn fit und wettbewerbsfähig zu machen", betonte Mehdorn.

"Sensibler Eckpfeiler"

Die Ertragswende im Fernverkehr gilt als eine zwingende Voraussetzung für den Börsengang, den der Bahnchef im Jahr 2006 beharrlich und gegen breite politische Widerstände anstrebt. "Die Personensparte ist ein ganz sensibler Eckpfeiler", sagte Reinhard Weiß, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Sowohl die Regierungsfraktionen als auch die Opposition aus Union und FDP haben sich mehrfach gegen Mehdorns Zeitplan gestellt. Zunächst müssten die finanz- und verkehrspolitischen Folgen eines Börsengangs abgeschätzt werden, betonte Weiß. Deshalb werde ein Zusatzgutachten angefertigt: "Als Eigentümer der Deutschen Bahn stehen wir in der Verantwortung."

Bahnchef Mehdorn sieht sein Unternehmen trotz der anhaltenden Probleme bei den Fernzügen auf dem richtigen Weg: "Wir sind im Zielkanal." Erfreulich sei, dass der Konzern im ersten Halbjahr in einem rückläufigen Mobilitätsmarkt seine Marktanteile habe steigern können: im Personenverkehr um 0,1 Prozent und beim Gütertransport sogar um sieben Prozent.

Der mit Abstand größte Ertragsbringer sind die Regionalzüge; hier ist das Betriebsergebnis auf 243 (130) Millionen Euro geschnellt. Für den Konzern erwartet Mehdorn im Gesamtjahr beim Betriebsergebnis ein deutliches Plus (2003: minus 172 Millionen Euro). Im ersten Halbjahr ging dieses Defizit auf 62 (148) Millionen Euro zurück. Der um Firmenverkäufe bereinigte Umsatz legte um gut vier Prozent auf 11,7 Milliarden Euro zu.

© SZ vom 17.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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