Desaster in Deutschland:Ihr Flaschen!

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Coca-Cola hat ein "brutales Jahr" hinter sich, weil die Firma Discountern nicht die gewünschten Flaschenformate lieferte. Erst jetzt bewegt sich der Konzern, denn Pepsi hat seinen Marktanteil in Deutschland bereits verdoppelt.

Von Björn Finke

Jeder Buchstabe ist 8,42 Milliarden US-Dollar wert. Zusammen ergeben die acht Lettern und der Bindestrich einen der bekanntesten Markennamen der Welt: Coca-Cola.

Die Berater von Interbrand küren die Brause regelmäßig zur wertvollsten Marke, im vergangenen Jahr schätzten sie den Preis auf 67,39 Milliarden Dollar. Weltweit steht der Name nicht nur für ein ziemlich süßes koffeinhaltiges Getränk, sondern gilt als Symbol für Amerika schlechthin.

Doch gibt es etwas, das stärker als der Mythos ist: die deutsche Verpackungsverordnung. Der Rechtsakt regelt das Pfand auf Einwegverpackungen, auch als Dosenpfand bekannt. Und diese Verordnung verdirbt "The Coca-Cola Company" aus Atlanta im US-Staat Georgia die Laune.

Pepsi macht es

Denn die Geschäfte in Deutschland laufen schlecht - vor allem als Folge des Pfandes: Der Absatz brach im vergangenen Jahr um elf Prozent gegenüber 2003 ein, wogegen Erzrivale Pepsico mit seiner Marke Pepsi 2004 als bisher bestes Geschäftsjahr feiert.

Entsprechend hart ist das Urteil der Analysten. So spricht Marc Greenberg von der Deutschen Bank in New York von einem "brutalen Jahr für Coca-Cola in Deutschland".

Das deutsche Desaster hinterlässt tiefe Spuren in der Bilanz: Wegen des schlechten Geschäfts treten Coca-Colas Absatzzahlen für Gesamt-Europa auf der Stelle - während der ewige Konkurrent aus dem Staat New York für den Bereich Europa und Afrika 14 Prozent mehr Verkäufe ausweist.

Weltweit legte der Umsatz von Pepsico 2004 doppelt so schnell zu wie beim Platzhirschen aus Atlanta, der Gewinn eineinhalbfach. Da kam das Eingeständnis von Coca-Cola-Vorstandschef Neville Isdell wenig überraschend: "Wir sind unzufrieden mit unserem Ergebnis im vergangenen Jahr", sagte er bei der Vorstellung der Geschäftszahlen.

Das Dosenpfand bereitet Coca-Cola Probleme, weil Discounter-Ketten wie Aldi oder Lidl so genannte Insellösungen eingeführt haben. Die Händler verkaufen Getränke in besonderen Flaschen, die es ausschließlich bei der eigenen Kette gibt. Daher müssen die Filialen nur diese Gebinde zurücknehmen und können Flaschen aus anderen Supermärkten ablehnen.

Pepsi hat sich den Wünschen der mächtigen Nachfrager gebeugt: Der Herausforderer nimmt an den Insellösungen teil und füllt die süße Brause in speziellen Flaschen ab. Coca-Cola pokerte dagegen hoch - und verlor: Wegen schnöder deutscher Sonderwünsche wollte der Konzern nicht am Markenmythos kratzen.

Der Getränkeriese weigerte sich, neue Gebinde einzuführen. Die Form der Cola-Flaschen sei ein wichtiges Merkmal für die Marke, erklärt Kai Falk, Sprecher der deutschen Niederlassung. Daraufhin flogen die Produkte des Unternehmens aus den Regalen. Coca-Cola vertreibt neben der namensgebenden Brause auch andere alkoholfreie Durstlöscher wie Fanta, Bonaqa oder Nestea.

Ohne eigenes Zutun verdoppelte Pepsi so seinen Marktanteil im deutschen Handel auf 15 Prozent, wogegen Coca-Cola von fast 70 auf unter 60 Prozent sackte, wie Branchenbeobachter schätzen. Zwar soll nach dem Willen der Bundesregierung bis Mitte 2006 ein einheitliches Rücknahmesystem die Insellösungen ersetzen.

Im Moment bringt das aber keine Erleichterung. Daher fühlt sich Coca-Cola nun doch reif für die Insel. Die Handelskette Plus erhält bereits spezielle Flaschen - mit einer Form, die der Getränkeriese schon vorher genutzt hatte. Mit anderen Discountern verhandelt der Konzern. Firmensprecher Falk ist zuversichtlich, dass es sehr bald zu einem Abschluss kommen wird.

Streit mit den Abfüllern

Aber auch jenseits der Supermärkte piesackt Pepsi den Platzhirschen. So luchste der David dem Goliath den Großkunden Deutsche Bahn ab: Seit Jahreswechsel trinken Passagiere in den Bordrestaurants Pepsi statt Coca-Cola. Experten gehen davon aus, dass der Hersteller für den prestigeträchtigen Abschluss Bedingungen akzeptiert hat, mit denen kaum etwas zu verdienen ist.

Doch macht dem Marktführer nicht nur die Konkurrenz zu schaffen: Wegen interner Querelen beschäftige sich das Unternehmen in Deutschland gerade mehr mit sich selbst als mit den Kunden, sagen Beobachter.

Die deutsche Konzerngesellschaft streitet im Moment mit ihren Abfüllern. Diese so genannten Bottler haben Konzessionen dafür, die Getränke herzustellen und zu vertreiben. Doch die hiesige Coca-Cola-Niederlassung in Berlin will nur noch mit einem großen Produzenten zusammenarbeiten, um Entscheidungen in Zukunft zu beschleunigen.

Unstimmigkeiten gibt es ebenso mit den Getränke-Großhändlern. Die Coca-Cola-Abfüller besäßen einen eigenen starken Vertrieb für Restaurants und Getränkemärkte, sagt Stephan Saalfrank, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft IBB in München. Damit graben die Hersteller den Großhändlern Umsatz ab.

Die Grossisten verkauften folglich lieber Pepsi als Coca-Cola, schätzt der Experte für die Getränkebranche. Das wichtigere Problem sieht er aber woanders: "Die Querelen mit Händlern und Abfüllern bringen viel Unruhe in den Konzern." Gute Zeiten für Herausforderer.

© SZ vom 22.02.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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