Der "starke" Euro:Ein Rekordhoch jagt das andere

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Mit 1,3046 US-Dollar war der Euro wieder einmal so viel wert wie noch nie zuvor. Das liegt aber nicht unbedingt an der Stärke der europäischen Währung, als vielmehr am schwachen Dollar.

Anhaltende Sorgen um den Zustand der US-Wirtschaft haben dem Eurokurs am Mittwoch zu einem neuen Rekordhoch verholfen.

Die Gemeinschaftswährung stieg am Vormittag bis auf 1,3046 US-Dollar und übertraf die vor einer Woche aufgestellte alte Rekordmarke von 1,3005 Dollar deutlich.

Nach dem Überschreiten der Marke von 1,3010 Dollar sei der Weg nach oben frei geworden, sagte Devisenhändler Jan Koczwara von der Helaba.

Marktteilnehmer, die zuvor auf einen schwächeren Euro gesetzt hätten, seien zu Nachkäufen gezwungen gewesen.

"Das hat die Reaktion beschleunigt und den Euro deutlich steigen lassen", sagte der Experte. Als weiteren Grund für den Rekord nannte Koczwara die Dollar-Abwertung in Japan. Dort rutschte der Greenback unter die Marke von 105 Yen. Dadurch sei der Dollar auch gegenüber dem Euro abgewertet worden.

Euro könnte weiter steigen

Der Aufwärtstrend dürfte sich Experten zufolge in den kommenden Tagen fortsetzen. Die US-Regierung habe kein Interesse, der Dollarschwäche zu begegnen, sagte Analyst Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus & Burkhardt.

Helaba-Händler Koczwara sieht den Euro bis Jahresende bei 1,32 bis 1,33 Dollar und in den Monaten danach sogar bei 1,35 Dollar.

Ursache für die Dollar-Schwäche ist das riesige Doppeldefizit der USA in Staatshaushalt und Leistungsbilanz. Zweifel an dessen Finanzierbarkeit hatten den Dollar in den vergangenen Wochen unter Druck gesetzt.

Starker Euro schlecht für Europas Export

Ein schwacher Dollar verbilligt die US-Exporte und verteuert die Einfuhren in die Vereinigten Staaten. Dadurch kann das Defizit in der Außenhandelsbilanz eingedämmt werden.

Das Bekenntnis des amerikanischen Finanzministers John Snow zu einem starken Dollar halten Experten deshalb für ein Lippenbekenntnis. "Den USA kommt eine schwache Währung gelegen", sagte Koczwara.

Er erwarte daher beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 größten Industriestaaten (G20) am Wochenende in Berlin keine Impulse, da die Interessen zu unterschiedlich seien.

Ein teurer Euro gefährdet vor allem die exportabhängige Konjunkturerholung in Deutschland. Die fünf "Wirtschaftsweisen" rechnen 2005 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent und unterstellen dabei einen Eurokurs von 1,27 Dollar.

Eine Aufwertung habe "einen signifikant negativen Effekt auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland", heißt es im Gutachten des Sachverständigenrates.

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