Der Niedergang von BenQ:Eine Marke ohne Wert

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Bleibender Imageschaden: Taiwans Elektronikunternehmen BenQ leidet noch heute unter dem Debakel mit der Siemens-Handysparte.

Thorsten Riedl

Conway Lee ist persönlich gekommen, um die Journalisten-Gruppe aus Europa zu begrüßen. Der Chef von BenQ steht im Demoraum neben Fernsehern, Handys und Projektoren der taiwanesischen Technologiefirma. "Ich halte für 40 bis 50 Minuten eine Präsentation und bin dann offen für Fragen", sagt er.

Chinesische Kunden in einem BenQ-Geschäft in Schanghai: Früher war die Marke zeitweise das wertvollste Warenzeichen Taiwans, doch das hat sich geändert. (Foto: Foto: AFP)

"Mit etwas strategischer Denke würde ich die Folien so lange wie möglich auflegen - und nur fünf Frageminuten zulassen." Lee lacht. Laut, spitz, übertrieben. Er weiß, welche Fragen kommen. Die Journalisten werden sich wieder nach der misslungenen Übernahme der Siemens-Handysparte erkundigen, auch zweieinhalb Jahre nach dem Aus. "Ein Fehler, wie wir nun verstehen", wird er dazu sagen. Ein Fehlschlag, der das Unternehmen bis heute erschüttert.

BenQ ist keine Firma mehr im klassischen Sinne, BenQ ist eine Marketinghülse. Die Aufgabe besteht darin, die Wünsche der Kunden zu identifizieren - und die Geräte anschließend vor allem im Nachbarland China fertigen zu lassen. BenQ pappt auf Handys, Digitalkameras oder Laptops das Firmenlogo und vertreibt die Produkte dann, ganz ähnlich wie der Computerhersteller Apple mit iPod, iPhone & Co.

"Beide Seiten haben Fehler begangen"

Das war nicht immer so. Als BenQ im Sommer 2005 den Zuschlag für Siemens Mobile bekam, lag der Konzernumsatz bei fast elf Milliarden Dollar. Weltweit beschäftigte BenQ 14.000 Mitarbeiter, viele davon in Produktionsstätten in China, Taiwan, Malaysia und Mexiko.

Die Handysparte von Siemens sollte endlich den Durchbruch in Europa sichern. Es kam anders. Ein Jahr nach der Übernahme war Siemens Mobile Pleite. Mehr als 3000 Beschäftigte in Deutschland verloren ihren Job.

"Strategisch gesehen war der Kauf eine gute Entscheidung", sagt Lee heute noch immer. "Wenn wir es richtig gemacht hätten, wäre es für beide Seiten ein Gewinn gewesen." Aber es lief nicht, und die Schuld dafür schultert der BenQ-Chef nicht alleine. "Beide Seiten haben zu einem gewissen Grad Fehler begangen."

So hatte sich BenQ übernommen. Siemens Mobile mit einst 6000 Mitarbeitern, BenQ mit mehr als doppelt so vielen: "Diese Verschmelzung allein hat es für uns zu einem Problem gemacht."

Wieder in der Gewinnzone

Die Fehler der anderen benennt Lee asiatisch-höflich nur indirekt. "Wir haben eine Menge gelernt", und als ein Beispiel nennt er "ihre Art von Gewerkschaften". "Sie bringen einige Schwierigkeiten mit sich für das Management, wenn man etwas schnell ändern will."

Inzwischen hat sich BenQ verändert. Nach dem gescheiterten Kauf wurde die gesamte Produktion in eine Firma namens Qisda ausgelagert. BenQ selbst unterhält keine Fertigung mehr, beschäftigt mit 1300 Menschen nur noch ein Zehntel der Belegschaft. Der Umsatz sank auf 1,5 Milliarden Dollar, hauptsächlich aus Asien. Nachdem die Kosten des Fehlschlags verdaut sind, erwirtschaftet die Firma wieder Gewinn - Zukäufe sind für Lee trotzdem kein Thema.

Viel wichtiger wäre für BenQ auch ein besseres Image. Lee will das aber nicht wahrhaben: Direkt nach der Übernahme von Siemens Mobile habe er in einem Geschäft an einem deutschen Flughafen nach BenQ gefragt. "Der Verkäufer wusste von nichts."

Nach der Pleite betrieb er wieder Marktforschung in eigener Sache vor Ort. "Da hatte man wieder nichts mitbekommen." Studien der Marktforscher von Interbrand belegen das Gegenteil: Von 2003 bis 2005 gewann keine Marke in Taiwan so schnell an Wert wie die von BenQ. Das Warenzeichen war zeitweise das viertwertvollste des Landes.

Das Siemens-Debakel und der Umbau haben nun Spuren hinterlassen. In der aktuellen Untersuchung findet sich BenQ nicht mehr unter den 20 wertvollsten Markenzeichen aus Taiwan. Fatal für ein Unternehmen, das von der Marke lebt. Den Start in Europa, der BenQ noch nicht gelungen ist, erschwert das: "Jeder Markt hat seine Schwierigkeiten", sagt Lee und lacht. Wieder eine Spur zu laut.

© SZ vom 28.05.09/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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