Deflation:Angst vor dem Flächenbrand

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Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg sorgen sich die wichtigsten Notenbanken der Welt weniger um die Inflation als um die Gefahr einer Deflation. Die bange Frage kam auf, ob sich deflationären Tendenzen weiter ausbreiten könnten.

Bei der Generalversammlung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) am Montag in Basel riefen die wichtigsten Währungshüter deshalb zu Reformen und besserer Kooperation auf.

BIZ-Präsident, der holländische Notenbankpräsident Nout Wellink, bezeichnete die Entwicklung der Weltwirtschaft als enttäuschend.

Die Schlüsselfrage sei, ob die expansive Geldpolitik und die Konsumausgaben die Zeit bis zu einer Erholung der Investitionen überbrücken könnten, und ob dies gelinge, ohne Ungleichgewichte zu schaffen.

Frage nach weiterer Ausbreitung

Wellink verwies auf den Rückgang des allgemeinen Preisniveaus in Japan und anderen asiatischen Ländern und sagte: "Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg kamen Fragen auf, ob sich solche deflationären Tendenzen weiter ausbreiten könnten."

BIZ-Generaldirektor Malcolm Knight forderte im Jahresbericht dazu auf, Konzepte gegen die Deflation rechtzeitig vorzubereiten und auch mit den staatlichen Stellen zu koordinieren. Denn die Geldpolitik stoße an ihre Grenzen. So sei zum Beispiel in Japan und in der Schweiz bereits die Nullzinsgrenze erreicht.

Sorge über Deutschland

Besorgt äußerte sich die Bank der Zentralbanken in ihrem Jahresbericht auch über die wirtschaftliche Lage Deutschlands.

Allerdings seien auch einige Lichtblicke sichtbar. So zeige sich die Regierung entschlossen, einige wesentliche Strukturreformen durchzuführen. Befürchtungen, dass Deutschland mit einer anhaltenden Wirtschaftsschwäche wie Japan zu rechnen habe, würden sich deshalb wohl kaum bewahrheiten, hieß es in dem Bericht.

"Finanzsystem widerstandsfähig"

Als Lichtblick bezeichnete Wellink die anhaltende Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems. Schwachstellen machen die Notenbankgouverneure allerdings bei den Versicherungen und den Pensionskassen aus.

Den Aufsichtsbehörden rät die BIZ, sich weniger auf den Schutz des einzelnen Kunden zu konzentrieren, sondern die Systemrisiken zu bekämpfen.

Für die Wirtschaftsprüfer müssten nationale Überwachsungsinstanzen geschaffen werden. Auch die Interessenkonflikte in der Führung und Kontrolle von Unternehmen müssten aufgezeigt und geahndet werden.

"Angesichts der eklatanten Auswüchse in den letzten Jahren ist es äußerst fraglich, ob bereits genügend getan worden ist, um das Vertrauen in das System wiederherzustellen", mahnte die BIZ.

Gefahr eines neuen Protektionismus

Den staatlichen Behörden rät die BIZ, den Mut zu den nötigen Strukturreformen aufzubringen und sich der Gefahr eines neuen Protektionismus zu widersetzen. Wellink kritisierte, dass die internationale Zusammenarbeit bei der WTO-Verhandlungsrunde von Doha ungenügend sei.

Die BIZ lud bei ihrer Generalversammlung außerdem sechs weitere Notenbanken zur Mitgliedschaft ein. Es handelt sich um die Zentralbanken Algeriens, Chiles, Indonesiens, Israels, Neuseelands und der Philippinen.

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