Debatte über Manager-Gehälter:Gigantomanie auf dem Privatkonto

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Elf Millionen Euro erhielt Josef Ackermann im vergangenen Jahr. Kann die Leistung eines einzelnen Menschen tatsächlich so herausragend sein, dass man ihm dafür mehr als das Hundertfache dessen zahlt, was ein leitender Angestellter erhält?

Von Daniela Kuhr

Bei diesen Zahlen kann einem schummerig werden: Im vergangenen Jahr erhielt der Vorstandssprecher der Deutschen Bank elf Millionen Euro.

Damit ist sein Gehalt im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent gestiegen — für Normalsterbliche genau so unvorstellbar wie die 15-Millionen-Euro-Prämie für den früheren Mannesmann-Chef Klaus Esser.

Kann die Leistung eines einzelnen Menschen tatsächlich so herausragend sein, dass man ihm dafür mehr als das Hundertfache dessen zahlt, was ein leitender Angestellter erhält? Kaum ein Thema wird derzeit so heiß diskutiert wie die Höhe von Managergehältern.

Angemessene Bezüge

Laut Aktiengesetz müssen die Bezüge eines Vorstands "in einem angemessenen Verhältnis" zu seinen Aufgaben "und zur Lage der Gesellschaft stehen". Was aber ist "angemessen"? Im Gesetz steht das nicht.

Mittlerweile haben die Gehälter von Topmanagern Höhen erreicht, die "durch objektive Kriterien nur noch schwer zu rechtfertigen" seien, sagte der Aufsichtsratschef von Thyssen-Krupp, Gerhard Cromme, kürzlich in einem Interview mit dem Tagesspiegel.

Unter seiner Leitung hatte eine Regierungskommission im Februar 2002 den so genannten Corporate-Governance-Kodex verabschiedet — einen Verhaltenskodex für bessere Unternehmensführung.

Darin wird vorgeschlagen, künftig nicht mehr nur die Gesamtbezüge des Vorstands im Konzernabschluss zu veröffentlichen, sondern das Gehalt eines jeden einzelnen Vorstandsmitglieds individuell auszuweisen. Dies ist allerdings lediglich eine Empfehlung; bislang kommen ihr nur wenige Unternehmen nach.

Neiddebatte

Die Gegner des Vorschlags befürchten eine Neiddebatte und bezweifeln, dass das Gehalt des einzelnen Vorstandsmitglieds die Öffentlichkeit überhaupt etwas angeht. Denn ein Mitspracherecht gibt es deshalb noch lange nicht.

Über die Höhe von Vorstandsbezügen entscheidet in Deutschland einzig und allein der Aufsichtsrat eines Unternehmens. Arbeitnehmer und Aktionäre werden nur indirekt beteiligt, indem sie Vertreter in dieses Gremium schicken, das den Vorstand kontrollieren soll.

Präventiver Charakter

Cromme fordert zwar kein Mitspracherecht. Durch das Ausweisen der einzelnen Vorstandsbezüge erhofft er sich aber mehr Selbstdisziplin. Die Transparenz könne "präventiven Charakter" haben und "zu hohe Gehälter im Einzelfall verhindern".

In der Bundesregierung denkt man mittlerweile sogar darüber nach, die Offenlegung individueller Vorstandsbezüge zwingend vorzuschreiben. Auch die EU-Kommission in Brüssel hat bereits Vorschläge zu diesem Punkt vorgelegt. Bislang ist das alles in der Schwebe.

Derzeit gilt: Der Aufsichtsrat hat bei der Festsetzung der Gehälter zwar einen weiten Ermessensspielraum. Unangreifbar sind seine Entscheidungen deshalb aber noch lange nicht. Das dürfte spätestens seit dem Mannesmann-Prozess klar geworden sein:

Verletzung des Aktienrechts?

Wohl nie zuvor ist eine Prämie so ausführlich und kritisch vor den Augen der Öffentlichkeit diskutiert worden wie jene für Klaus Esser. Eine der Kernfragen lautete: War sie angemessen?

Wenn nein, hätte das Aufsichtsratspräsidium von Mannesmann seine Pflichten aus dem Aktiengesetz verletzt — mit der Folge, dass die Präsidiumsmitglieder dem Unternehmen den angerichteten Schaden ersetzen müssten.

Eine strafbare Untreue wird daraus erst, wenn die Beteiligten wussten, dass sie damit ihre aktienrechtlichen Pflichten verletzen und die Schädigung von Mannesmann in Kauf genommen haben. Die schwammige Gesetzesformulierung "angemessen" könnte da zu Gunsten der Angeklagten sprechen.

Esser will mit diskutieren

Sollten am Ende des Prozesses deshalb tatsächlich Freisprüche stehen, wird die Diskussion über die Höhe von Managergehältern vermutlich erst richtig angeheizt.

Auch Klaus Esser hat in seinem letzten Wort vor dem Düsseldorfer Landgericht gesagt, dass er diese Debatte für notwendig hält. Und: Er wolle sich gern an ihr beteiligen.

© SZ vom 21. Juli 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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