Datenschutz am Arbeitsplatz:Vertrauen per Gesetz

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Bislang wehren sich Unternehmen gegen besseren Datenschutz am Arbeitsplatz. Doch die Skandale bei Bahn, Telekom und Lidl zeigen: Eindeutige Vorschriften sind im Interesse aller.

Daniela Kuhr

Die Datenschutz-Skandale bei Lidl, Bahn und Telekom empören nicht nur, sie verunsichern. Und zwar weit über die betroffenen Betriebe hinaus. Auch in anderen Unternehmen fragen sich Mitarbeiter, wie misstrauisch ihr Arbeitgeber wohl sein mag. Werden auch sie heimlich kontrolliert? Mit versteckter Videokamera überwacht? Werden ihre Adressdaten abgeglichen?

Das Vertrauen der Mitarbeiter und Manager bröckelt nicht nur bei der Telekom. (Foto: Foto: ddp)

Nach dem, was jetzt bei der Telekom an Beschuldigungen hochgekommen ist, müssen sich sogar Vorstände Gedanken machen, ob ihre Reisedaten und Kalendereinträge ausgewertet werden.

Für diesen Montag hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zu einem Spitzentreffen eingeladen, um zu beraten, ob es spezielle Datenschutzvorschriften für Arbeitnehmer geben muss. Man kann nur hoffen, dass die Teilnehmer zu dem Schluss kommen: Ja. Ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz ist überfällig.

Widerstand kam bislang vor allem aus der Wirtschaft. Dort fürchtet man den Aufwand und die Kosten. Zudem seien die Arbeitnehmer ohnehin schon stark geschützt, nur würden die Regeln nicht konsequent angewandt. In gewisser Weise stimmt das.

Eindeutig unrechtmäßig

Es ist ja nicht so, dass die Betriebe derzeit nach Belieben kontrollieren dürften. Das Bundesarbeitsgericht hat in vielen Einzelfällen erklärt, was erlaubt ist und was nicht. Verboten sind zum Beispiel flächendeckende Kontrollen ohne Anlass.

Die Videoüberwachung bei einigen Discountern hat ja gerade deshalb so empört, weil sie eindeutig unrechtmäßig war. Wer seine Mitarbeiter beobachten will, braucht einen konkreten Verdacht. Und heimliche Überwachungen in Umkleideräumen sind ohnehin nicht gerechtfertigt. Das steht zwar wortwörtlich so in keinem Gesetz. Doch es entspricht der Linie des Bundesarbeitsgerichts.

Weniger klar liegt schon der Fall Deutsche Bahn. Der Abgleich von Adressdaten mit denen von Lieferanten ist im Vergleich zu heimlichen Videoaufzeichnungen sicher kein so schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Mit der rechtlichen Beurteilung tun sich Experten daher schwer. Besonders vertrackt wird es bei der Telekom. Hier sollen Sicherheitsleute sogar Vorstände bespitzelt haben, um Informationslecks zu finden.

VIele offene Fragen

Noch ist nicht bewiesen, dass das alles stimmt, aber die Diskussion gewinnt eine neue Dimension: Waren bislang nur einfache Angestellte verunsichert, dürften sich nun auch Chefs Gedanken machen, ob ihre Gespräche und Treffen tatsächlich immer so vertraulich sind, wie sie dachten.

In all diesen Fällen ging es vielleicht um durchaus lobenswerte Ziele. Die Überwachungen sollten, so die Firmen, dazu dienen, Missstände wie Diebstahl, Bestechung oder die Weitergabe vertraulicher Informationen abzustellen. Gut möglich, dass einige Kontrolleure überzeugt waren, korrekt zu handeln. Doch genau das ist das Problem. Um herauszufinden, was erlaubt ist, muss man derzeit in die Datenschutzvorschriften, die Arbeitsgesetze, das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie jede Menge Urteile blicken. Und selbst dann bleiben viele Fragen offen.

Diese unklare Lage mögen die Unternehmen bislang als vorteilhaft angesehen haben, weil sie sich im Zweifelsfall immer auf diesen Graubereich berufen konnten. Doch die jüngsten Vorfälle haben die Nachteile aufgezeigt: Man kann schnell zum Buhmann der Nation werden, wie der Fall des Bahnchefs Hartmut Mehdorn zeigt.

Eindeutige und verständliche Vorschriften sind daher im Interesse aller. Den Unternehmen geben sie Rechtssicherheit - und den Angestellten Vertrauen. Das ist überhaupt die wichtigste Voraussetzung im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität. Denn wenn Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber verbunden sind, werden sie ihm in der Regel nicht schaden. Wer sich dagegen ständig überwacht und misstrauisch beäugt fühlt, verhält sich womöglich leichter auch mal illoyal.

© SZ vom 16.02.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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