Das Phantom Christopher Hohn:Wie sieht eine Heuschrecke aus?

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Mit Spannung haben die Aktionäre der Deutschen Börse AG bei ihrer Hauptversammlung auf den Auftritt des rebellischen Großaktionärs Christopher Hohn gewartet. Doch entgegen den Ankündigungen trat der Hedgefonds-Manager nicht an den Rednerpult. Er machte sich unsichtbar.

Die Suche nach dem Phantom nahm bisweilen absurde Züge an: So stürzten sich am Mittwochmorgen die Fotografen vor der Jahrhunderthalle in Frankfurt am Main auf einen ahnungslosen Aktionär, weil sie ihn für den Chef des Hedgefonds hielten.

Öffentlichkeitsscheu: In etwa so soll Christopher Hohn aussehen. (Foto: Montage: sueddeutsche.de)

Doch der hatte nur eine gewisse Ähnlichkeit mit Hohn, der kaum öffentlich auftritt und nicht fotografiert werden will. Der 38-Jährige war auf dem Aktionärstreffen erwartet worden - doch bis zum Nachmittag durfte gerätselt werden, ob er sich heimlich unter die Aktionäre geschlichen hatte oder doch nicht gekommen war.

Der TCI-Chef habe an der Hauptversammlung teilgenommen, sagte schließlich der Interims-Chef und Finanzvorstand der Deutschen Börse, Mathias Hlubek. "Ich habe ihn gesehen. Man muss respektieren, dass er nicht das Wort ergriffen hat", sagte Hlubek. Der Hedgefonds TCI, der nach eigenen Angaben rund acht Prozent an der Deutschen Börse hält, nahm nach Angaben Hlubeks an den Abstimmungen teil.

Wochenlanger Machtkampf

Die von TCI angeführte Aktionärsrevolte prägte die Versammlung aber auch ohne dass Hohn persönlich in Erscheinung trat. Die rebellischen Anteilseigner um Hohn hatten die Deutsche Börse in einem wochenlangen Machtkampf zunächst zum Rückzug ihres Übernahmeangebots für die Londoner Börse gezwungen.

Auf ihren Druck musste dann schließlich Börsenchef Werner Seifert seinen Stuhl räumen, der Aufsichtsratsvorsitzende Rolf Breuer gibt sein Amt bis zum Jahresende auf.

Zukunft des Unternehmens bleibt unklar

Seither ist aber auch unklar, wie die Zukunft des Unternehmens aussieht: TCI brachte einen Zusammenschluss mit der Konkurrentin Euronext ins Gespräch, mancher befürchtet nun eine Zerschlagung der altehrwürdigen Börse. Dazu kommt die Ungewissheit, wer nach dem Abgang Seiferts die Börse in diesen schwierigen Zeiten leiten soll. Die Aktionäre hatten sich daher von einer Stellungnahme Hohns auch mehr Klarheit über die Zukunft des Unternehmens erhofft.

Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sprach deshalb von einem "Scherbenhaufen", der - wenn überhaupt - nur mühsam gekittet werden könne. Dem Börsen-Vorstand warf er "mangelhafte Kommunikation" vor.

Seifert bescheinigte Nieding zwar Erfolge als Manager der Börse. Doch Diplomatie sei gerade in der schwierigen Phase des Aktionärsaufstands nicht seine Sache gewesen. Statt des Konjunktiv habe er lieber den Imperativ gepflegt, sagte der Aktionärsvertreter.

Doch Nieding griff auch TCI und seine Mitstreiter an. Er forderte die Rebellen auf, sich aus der Deckung zu wagen. Die anderen Aktionäre hätten ein Recht darauf zu erfahren, welche Strategie TCI fahren werde.

Markus Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) kritisierte, der Machtkampf der vergangenen Wochen habe einen Schatten auf das gute Ergebnis der Börse geworfen. Und Markus Rieß vom Deutschen Investment Trust monierte mit Blick auf die Aktionärsrevolte, eine solche Form der konzeptionslosen Einflussnahme sei einzigartig und nicht akzeptabel.

Fragen blieben unbeantwortet

Antworten auf die zahlreichen Fragen gab es bei der Hauptversammlung aber nicht: So teilte etwa Breuer zu Fragen nach dem Nachfolger Seiferts lediglich mit, dass es noch keine Gespräche mit potenziellen Kandidaten gegeben habe.

Die Suche werde erst nach der Hauptversammlung beginnen. Das kommissarisch die Geschäfte führende Vorstandsmitglied Mathias Hlubek versicherte mit Blick auf die geplatzte Übernahme der Londoner Börse lediglich, die Deutsche Börse sei nicht auf eine Konsolidierung des Marktes angewiesen, um weiter wachsen zu können.

Hohn selbst schwieg. Es bleibt also spannend, welchen Kurs die Deutsche Börse künftig steuern wird.

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