Das Kraftpaket:Wolfgang Bernhard

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Er soll die Marke Volkswagen sanieren. Spannend ist die Frage, nann Wolfgang Bernhard die Arbeit, für die er engagiert wurde, tatsächlich beginnen darf.

Von Meite Thiede

Am 1.Februar tritt der 44 Jahre alte Manager zwar als Vorstandsmitglied der Volkswagen AG an, aber er bekommt zunächst kein eigenes Ressort. Offiziell soll er spätestens am 1. Januar 2006 die Markenleitung bei VW übernehmen.

Wolfgang Bernhard (Foto: Foto: AP)

Wer Bernhard kennt, kann sich nicht vorstellen, dass es der sportliche Manager (zehn Kilometer läuft er in 42 Minuten, für 1000 Höhenmeter braucht er 50 Minuten) in Wolfsburg so gemütlich angehen lassen wird.

Wann auch immer er startet: Bernhard bekommt mit VW einen chronisch Kranken anvertraut. So richtig rund ist es bei der Stammmarke des Wolfsburger Konzerns noch nie gelaufen - jedenfalls nicht für eine längere Strecke.

Traditionell sind in dem Konzern die Töchter weit eher in den Griff zu bekommen, als die behäbige Mutter mit dem riesigen Stammwerk tief in der niedersächsischen Provinz. Das war bisher ungleich schwieriger: Die Töchter kann der Konzernchef an die kurze Leine legen, derweil die Marke VW, für die er neben der Konzernführung selbst verantwortlich ist, ein Eigenleben führt.

Erkundigungen in Detroit

Mit der Verquickung von Marke und Konzern soll in der neuen Unternehmensstruktur, die Konzernchef Bernd Pischetsrieder ausgetüftelt hat, Schluss sein.

Der künftige Markenchef Bernhard muss sich um Konzernaufgaben nicht kümmern; Konzernchef Pischetsrieder wiederum, derzeit auch Chef der Marke, bekommt durch Bernhard mehr Luft für Strategien. Man wird sich daran gewöhnen müssen, dass es sich, wenn künftig die Rede vom "VW-Chef" ist, nicht mehr um den Herrn eines weltumspannenden Imperiums handelt, sondern "nur" um den Chef der Marken VW, Skoda, Bentley und Bugatti.

Pischetsrieder sollte sich bald einen neuen Namen für den Konzern ausdenken, damit es da künftig keine Verwechslungen gibt. Bernhard eilt der Ruf eines knallharten Sanierers voraus. Es geisterten auch schon wüstere Titel wie "Rambo", "Draufgänger" oder "Kostenkiller" durch die Medien.

Dass der mächtige VW-Betriebsratschef Klaus Volkert der Personalie trotzdem seinen Segen gegeben hat, zeigt, wie groß die Not in Wolfsburg ist. Angeblich hat sich Volkert bei seinen Gewerkschafts-Kollegen in Detroit umgehört und dort erfahren, dass es Chrysler ohne Bernhard wohl deutlich schlechter ergangen wäre.

Einer der fähigsten Manager der Branche

Wolfgang Bernhard war von 2000 an zweiter Mann bei der amerikanischen Daimler-Sparte Chrysler. Er hat dort gründlich aufgeräumt, Fabriken verkauft, fast geräuschlos mehr als 20.000 Arbeitsplätze abgebaut und im Einkauf ein milliardenschweres Sparpotenzial aufgetan.

Er galt als einer der fähigsten Automanager der Branche und schien eine große Karriere im DaimlerChrysler-Konzern vor sich zu haben. Tatsächlich wurde er im Februar 2004 zum Nachfolger von Mercedes-Chef Jürgen Hubbert berufen. Doch dann stellte sich Bernhard gegen Konzernchef Jürgen Schrempp, als es um die Zukunft der japanischen Beteiligung Mitsubishi ging, und er wurde - nur wenige Tage vor seinem Amtsantritt bei Mercedes am 1.Mai - abberufen.

Ende Juli verließ Bernhard endgültig den Stuttgarter Konzern, und da er weder eine Abfindung noch eine Wettbewerbsklausel im Gepäck hatte, standen die Personalchefs der Branche - so zumindest geht die Legende - bei ihm Schlange.

Auch VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch fand Gefallen an Bernhard, und dass die beiden so schnell handelseinig wurden, liegt möglicherweise auch daran, dass sie eine Gemeinsamkeit haben: Wie Bernhard eilte auch Piëch der Ruf des knallharten Sanierers voraus, als er Anfang 1993 Konzernchef wurde.

An die Strukturen

In Wolfsburg soll der diplomierte Wirtschaftsingenieur und promovierte Volkswirt dafür sorgen, dass die Marke VW eine akzeptable Rendite erwirtschaftet. Und das bedeutet, er muss an die Strukturen ran, die Effizienz der Werke verbessern und die Produktionskosten senken. Im Moment schreibt die Marke VW, die für mehr als 50 Prozent des Konzernumsatzes steht, operativ Verluste.

Dass das beim Blick auf den Gesamtkonzern nicht so auffällt, ist vor allem der Marke Audi und den Finanzdienstleistungen zu verdanken. Aus Ingolstadt und Braunschweig fließen de facto Subventionen nach Wolfsburg. Insofern darf vermutet werden, dass die Trennung von Marke und Konzern dort den größten Zuspruch findet.

Bleibt abzuwarten, wie das konzerninterne Kräftemessen der künftig gleichwertigen Markenchefs der Konzerntöchter ausgeht. Übrigens: Aufgewachsen ist Bernhard unter neun Geschwistern.

© SZ vom 3.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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