Das Hoch im Norden:USA im Schatten Finnlands

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Nicht nur bei der Bildung besetzt Finnland eine internationale Spitzenposition: Nach einer neuen Studie des Weltwirtschaftsforums bieten die Skandinavier inzwischen auch bessere Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum als die bislang führenden USA.

Die neue Studie bewertet die Wettbewerbsfähigkeit der betrachteten Länder nach verschiedenen Kriterien.

Nokia - made in Finnland. (Foto: Foto: dpa)

Finnland gelang es dabei, die USA in der Schlüsselkategorie "Wachstumsstärke" zu verdrängen. Insgesamt drangen bei dieser Bewertung fünf nordeuropäischen Staaten in die Top 10 vor, während dies unter den asiatischen Ländern lediglich Taiwan und Singapur gelang.

Allerdings kam in der neuen Studie auch eine Änderung der Bewertungskriterien zum Ausdruck: Erstmals wurden der reinen Größe des öffentlichen Sektors weniger Gewicht, dafür aber der Korrumpierbarkeit und Qualität von Regierungsinstitutionen größere Bedeutung beigemessen. Wäre dieser Maßstab bereits im vergangenen Jahr angelegt worden, hätten die USA schon damals ihre Führungsposition abgeben müssen.

Bedeutung der Politik

"Aus dieser Studie können wir die Lehre ziehen, dass die Wirksamkeit und die Stetigkeit der Politik eine enorme Bedeutung für die Platzierung eines Landes haben", sagte Augusto Lopez-Claros, Chefvolkswirt des Weltwirtschaftsforums.

Von dieser Einsicht profitierte auch Deutschland, dass seinen insgesamt 13. Rang der nach wie vor hohen Qualität seines Rechtssystems und anderer politischer Institutionen zu verdanken hatte. So gelangte Deutschland bei der Bewertung der politischen Rahmenbedingungen immerhin auf Platz neun - die USA dagegen lediglich auf Rang 14.

Unter den ersten zehn Ländern war Deutschland auch in punkto Innovationsfähigkeit zu finden. Vor allem für die Forschungskooperation zwischen Unternehmen und Hochschulen gab es gute Noten - hier steht das Land auf Rang 5. Auch die Höhe der Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie die Anzahl der neuen Patente schlugen positiv zu Buche.

Hohe Verschuldung belastet Deutschland

Eher als schlecht wurden hingegen die mittel- bis langfristigen Wachstumsperspektiven beurteilt. Schuld daran sei zum Beispiel das hohe Haushaltsdefizit, meinte Lopez-Claros. In dieser Kategorie erreiche Deutschland lediglich einen 54. Rang, was die Bewertung des Landes insgesamt nach unten gezogen habe.

Auf einem verheerenden letzten Platz (102) landet Deutschland zudem bei der flexiblen Ausgestaltung von Löhnen und Gehältern sowie der Effizienz des Steuersystems. Auch die Regulierungen bei Einstellungen und Entlassung von Arbeitnehmern werden negativ beurteilt: Hier erreicht Deutschland mit Rang 101 den vorletzten Platz.

Zusätzlich seien viele Befragte der Meinung, dass die deutsche Regierung das ihr anvertraute Geld nicht für vernünftige Zwecke ausgebe, sondern es verschwende, was allerdings auch für Frankreich gelte, meinte Lopez-Claros. So werde in ganz Europa zu viel Geld für die Subventionierung der Landwirtschaft ausgegeben. Das ziehe den ganzen Kontinent in der Bewertung nach unten.

China fällt zurück

Unmittelbare Auswirkung hatte Neugewichtung der Qualität des öffentlichen Sektors auch auf Großbritannien und Kanada, die auf Grund von Qualitätsverschlechterungen in diesem Bereich auf den fünfzehnten und sechzehnten Platz abrutschten. Davon betroffen war auch China, das den 33. Rang des Vorjahres nicht verteidigen konnte und auf Platz 44 eingestuft wurde.

Im Vergleich zu den anderen europäischen Staaten schnitt Deutschland vergleichsweise gut ab: So fielen die Franzosen auf Platz 26 ab, nachdem sie 2002 noch auf Rang 24 standen - die Italiener fanden sich auf Position 41 (Vorjahr: Platz 39) wieder.

In Asien gelang es Korea, sich von Rang 25 auf 18 zu verbessern. Grund dafür seien die verbesserten makroökonomischen Rahmenbedingungen, die größere Vertrauenswürdigkeit der Regierung, sowie eine deutliche höhere Anzahl neuer Patente, schrieben die Ökonomen.

Das Weltwirtschaftsforum veröffentlicht den jährlichen Report zur Wettbewerbsfähigkeit seit 1979. In diesem Jahr bewerteten 7741 Manager die Situation in 102 Staaten. Damit ist die Studie deutlich umfangreicher als im Vorjahr. Damals bewerteten 4735 Manager insgesamt 80 Länder.

Verschwendung oder vernünftige Investition?

Die drei wichtigsten Bereiche der Studie bildeten die makroökonomischen und politischen Rahmenbedingungen sowie der technologische Fortschritt. Die Neubewertung spiegelte sich beispielsweise darin wieder, dass nicht nur die Höhe der Haushaltsverschuldung relevant war, sondern auch, ob der Staat Steuern und Kredite verschwendete oder für vernünftige Investitionen ausgab.

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