DaimlerChrysler-Hauptversammlung:Ausverkauf im großen Stil

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Seit etwa eineinhalb Monaten bewegt der potenzielle Verkauf der US-Tochter die Finanzmärkte - welcher Autokonzern will das Unternehmen aus Detroit übernehmen? Nur noch drei mögliche Kaufinteressenten stehen zur Auswahl.

Michael Kuntz

Chrysler, Chrysler und noch einmal Chrysler - das war das große Thema bei der Hauptversammlung von DaimlerChrysler. Steht die Rückabwicklung der teuren transatlantischen Fusion von 1998 unmittelbar bevor? Zum dritten Mal seit dem Zusammenschluss hat die amerikanische Tochter einen Milliardenverlust ausgewiesen.

Daimler bald ohne Chrysler? (Foto: Foto: dpa)

Wird sich der vom Chrysler-Sanierer zum Konzernchef aufgestiegene Dieter Zetsche nun dem Druck von Analysten und Fondsmanagern beugen und Chrysler verkaufen? Im Stück oder in Teilen? Vor allem: An wen? Sicher ist nur, dass Verhandlungen mit potentiellen Partnern stattfinden - Zetsche selbst schürt seit sechs Wochen die an den Finanzmärkten blühenden Spekulationen.

Seit seiner Ankündigung bei der Bilanzvorlage Mitte Februar in Auburn Hills haben sich praktisch sämtliche Autohersteller weltweit abklopfen lassen, ob sie für Chrysler insgesamt oder wenigstens für Teile des amerikanischen Autoherstellers Verwendung hätten.

Wer will die verlustreiche US-Tochter?

Übrig geblieben sind drei denkbare Abnehmer für die Problemfirma aus Detroit: Erstens der deutsch-kanadische Zulieferer Magna des Österreichers Klaus Stronach, der sein Interesse bereits bestätigt hat. Zweitens der britische Finanzinvestor Cerberus. Und drittens General Motors, der amerikanische und immer noch größte Autohersteller der Welt.

Für Magna spricht die bereits enge Bindung an Chrysler nicht nur über die Lieferung von Teilen, sondern auch beim Bau kompletter Fahrzeugen der Marke Jeep.

Einen besonderen Charme für DaimlerChrysler beziehen Gespräche mit Magna wohl nicht zuletzt daraus, dass deren Geschäft zu einem erheblichen Teil am deutsch-amerikanischen Konzern hängt: Magna könnte sich deshalb dem Druck Zetsches schwerer entziehen als andere Gesprächspartner.

Dafür kennt sich der Finanzinvestor Cerberus wahrscheinlich am besten aus bei Chrysler, denn er beschäftigt als Berater Wolfgang Bernhard. Der hat vor seiner Zeit als gescheiterter Markenchef bei Volkswagen zusammen mit Zetsche Chrysler saniert. Cerberus hätte also immerhin einen ehemaligen Chrysler-Vorstand im Wartestand.

Der egozentrische und für rüde Umgangsformen bekannte Bernhard dürfte allerdings den Arbeitnehmern schwer zu vermitteln sein. Bei General Motors schließlich ist die Notwendigkeit einer Übernahme notleidender Werke in Nordamerika am geringsten. GM hat mit der eigenen Sanierung zu tun und wäre wohl allenfalls an den moderneren Fabriken, nicht aber an einer kompletten Übernahme interessiert.

Keine schlechten Bilanzergebnisse

Die Diskussion über die Zukunft von Chrysler verdeckte auch während der Hauptversammlung, dass die Bilanz von Zetsche insgesamt nicht übel ist, trotz Chrysler - und übrigens sogar bei Chrysler. Dort erwies sich zwar die Sanierung durch Zetsche und Bernhard als nicht nachhaltig.

Beide wurden überrascht davon, dass selbst die in große und schwere Fahrzeuge vernarrten Amerikaner angesichts hoher Benzinpreise auf kleinere und sparsamere Autos umgestiegen, wie sie vor allem die asiatischen Wettbewerber anbieten. Doch immerhin steigerten Zetsche und Bernhard die Produktivität von 2002 bis 2005 um 24 Prozent und brachten neue Modelle auf den Weg.

Doch interessiert das derzeit kaum einen Aktionär, ebenso wenig wie die Tatsache, dass Mercedes nach seiner Verlustphase vor einem Jahr wieder Geld verdient, dass das Geschäft mit den Nutzfahrzeugen rentabler läuft als je zuvor und auch die Finanzdienstleistungen sich hervorragend entwickeln - kurz: dass drei von vier Bereichen gut da stehen: Alle Welt will Näheres über die Zukunft von Chrysler erfahren.

Interessenten für Chrysler unterscheiden sich von Zetsche vor allem in einem Punkt: Sie haben Zeit zum Verhandeln - das drückt den Preis. Auch werden sie Zetsche sein Problem kaum komplett abnehmen. Er suche die beste Lösung, sagt Zetsche.

Doch er kann sich auch unter Hinweis auf laufende Verhandlungen kaum ewig damit herausreden, alles sei offen. Das wird auch der neue Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Bischoff nicht zulassen, der Daimler auf sein Kerngeschäft konzentrieren möchte. Eines steht fest, je mehr Zeit vergeht: Die beste Lösung wird keine einfache sein.

© SZ vom 05.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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