Corporate Governance:Verschwiegene Vorstände

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Die Corporate-Governance-Kommission fordert von deutschen Firmen, Gehälter und sonstige Bezüge ihrer Vorstandsmitglieder individuell auszuweisen. Doch die Unternehmen passen sich nur zögernd der Praxis an, die in den USA längst gang und gäbe ist.

Von Karl-Heinz Büschemann

Es war das erste Jahr der großen Debatte über die Manager-Gehälter, und fast wäre 2003 zum Meilenstein in der deutschen Geschichte der Prinzipien zur Unternehmensführung und -kontrolle (Corporate Governance) geworden.

Im vergangenen Jahr nahm die deutsche Corporate-Governance-Kommission, ein Beratungsgremium unter der Führung des Thyssen-Krupp-Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Cromme, dieses heikle Thema in den Verhaltenskodex auf, der Empfehlungen für die Führung deutscher Aktiengesellschaften gibt.

Seitdem "sollen" Unternehmen die Gehälter und sonstige Bezüge ihrer Vorstandsmitglieder individuell ausweisen. Bisher muss der Geschäftsbericht nur die Gesamtsumme enthalten, die alle Vorstandsmitglieder gemeinsam erhalten.

Gehalt ist eines der großen Tabus in diesem Lande

Doch die Unternehmen passen sich nur zögernd der Praxis an, die in vielen anderen Ländern, vor allem in den USA, gilt. Das Gehalt ist eines der großen Tabus in diesem Lande. Weniger als ein Viertel der deutschen Börsengesellschaften weisen die Einzelgehälter aus.

Da die Debatte um die Manager-Gehälter, nicht zuletzt durch den Düsseldorfer Mannesmann-Prozess, 2004 aber unvermindert anhält, ist wahrscheinlich, dass die jetzige Praxis bald zu Ende sein wird. Die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat sich des Themas bereits angenommen und droht mit einem Gesetz, das die Veröffentlichung der individuellen Gehälter vorschreibt.

Die bisherige Zurückhaltung der Unternehmensvorstände ist nicht ohne Ironie. Denn Manager berufen sich bei ihrer Bezahlung gern auf Amerika, wo hohe Gehälter bezahlt werden, die in Europa kaum vorstellbar sind.

Nur bei der Pflicht zur Veröffentlichung wollen viele nicht den Regeln folgen, die im Ausland völlig normal sind. "Das ist provinziell", klagt der Münchner Betriebswirtschaftsprofessor Manuel Theisen. "Es kann doch nicht sein, dass die ganze Welt irrt."

© SZ vom 29.07.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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