Computermarkt:Lenovo eifert Apple nach

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Der chinesische Computerhersteller Lenovo will auch den deutschen Markt erobern - mit sexy Hightech-Produkten.

Thorsten Riedl

"Hat jemand einen Computer?" William Amelio, Chef des chinesischen PC-Herstellers Lenovo, unterbricht das Interview mit der Süddeutschen Zeitung und schaut Deutschlandchef Marc Fischer und dessen Pressesprecher an. Als man ihm ein Gerät reicht, leuchten die Augen. "Schauen Sie: Die Leute halten ihr Notebook oft so", sagt er und fasst es an einer Ecke. Das aber übe Druck auf empfindliche Teile aus. "Das Gerät geht kaputt." Lenovo baue daher einen verstärkten Rahmen ein, auch um das Notebookdisplay, das so als Antenne für drahtloses Internet dient.

Lenovo will nicht mehr nur den chinesischen Markt bedienen, sondern auch in Deutschland bekannter werden. (Foto: Foto: ap)

Die Produkte hätten zudem einen Beschleunigungssensor, der bei einem Sturz die Festplatte sichert, eine Ein-Knopf-Wiederherstellung der Festplatte, eine Datenverschlüsselung per Fingerabdruck. "Ich wünschte, ich würde alle meine Vertriebsleute dazu kriegen, die Vorteile so schnell aufzuzählen", sagt er am Ende der Zwei-Minuten-Verkaufspräsentation.

Lenovo ist der größte asiatische Computerhersteller mit einem Jahresumsatz von 14,6 Milliarden Dollar und einem Vorsteuergewinn von 188 Millionen Dollar. Er besitzt ein Hauptquartier in China und eines in den Vereinigten Staaten und bereitet den Einstieg in den Massenmarkt vor - auch in Deutschland vor.

So schmal wie das Air-Book, nur unbekannt

Nur gibt es ein Problem: Wer ist Lenovo? Auf die Frage, welche PC-Hersteller sie kennen, antwortet laut einer firmeninternen Untersuchung nur einer von zehn deutschen Verbrauchern mit Lenovo. In Frankreich, Italien und Großbritannien sind die Zahlen noch deutlich schlechter. Um stärker ins Bewusstsein der Kunden zu gelangen, kopieren die Chinesen nun die Strategie von Apple. Sie arbeiten an hoch entwickelten Produkten, deren Image auf alle anderen Lenovo-Geräte abfärben soll - so wie das Apple mit dem Musikspieler iPod und den Mac-Computern gelungen ist.

An diesem Dienstag stellt Lenovo offiziell ein Gerät vor, das den in der Marketingsprache als Halo bekannten Effekt auslösen soll. Das neue, X300 genannte Gerät packt eine Menge Technik in ein schmales Gehäuse. "Es ist so dünn wie das Macbook Air, es ist leichter und hat dabei ein DVD-Laufwerk und alle Anschlüsse", sagt Amelio und gibt so die Richtung vor: Die Produkte sollen in den Augen der Käufer einmal so sexy sein wie die von Apple.

Der kalifornische Computerhersteller hatte Anfang Januar mit seinem Laptop namens Air für Aufsehen gesorgt, weil es so schmal ist, dass es in einen Din-A4-Briefumschlag passt. Amelio erklärt: "Halo-Produkte sind wichtig. Sie geben einen Eindruck von den Ingenieursqualitäten eines Unternehmens und zeigen, was bald in Massenprodukten zu sehen sein wird.

Computer für Reiche und für Bauern

Eine Menge Knowhow hat sich das chinesische Unternehmen dazugekauft. Vor etwas mehr als drei Jahren übernahm Lenovo die PC-Sparte von IBM für 1,75 Milliarden Dollar, und stieg so mit einem Schlag in die Top fünf der weltweit größten Computerproduzenten auf. Der Geschäftsbereich des ältesten IT-Konzerns IBM arbeitete zuletzt zwar mit Verlust - repräsentierte aber besonders bei mobilen Computern für den Firmengebrauch stets den Stand der Technik.

In Deutschland nimmt Lenovo im Gesamtmarkt daher laut Zahlen der Marktforscher von IDC aktuell nur einen der hinteren Plätze ein; allein im Notebooksegment für Geschäftskunden belegt der Konzern jedoch die zweite Position hinter Hewlett-Packard. Im Verbrauchermarkt experimentiert das Unternehmen erst, in Europa seit Januar in Frankreich.

Ein Verkauf von Lenovo-Produkten an Privatleute sei in Deutschland geplant, nicht zuletzt, weil dies der Markenbekanntheit zugute käme, sagt Amelio. "Wir wollen erst das richtige Rezept haben."

Ein Gerät wie das X300, von dem selbst der Chef sagt, es sei wegen des hohen Preises nicht für jedermann, ist zumindest für Schwellenländer nicht die geeignete Zutat. Dort wachsen die Unternehmen der Branche derzeit aber am schnellsten. In China führe Lenovo den Markt seit zehn Jahren, erklärt Amelio. "Wir haben das Rezept, das gleiche in allen Wachstumsregionen zu schaffen." Dafür entwickelt das Unternehmen im Moment speziell für Bauern einen Computer für 200 Dollar, der an den Fernseher angeschlossen wird.

Das Gerät hat Internetanschluss und ruft so Informationen zum Wetter oder zu den Preisen auf den lokalen Märkten ab. "Eines Tages", sagt Amelio, werde ein solches Gerät auch nach Deutschland kommen. "Es gibt einen Markt für solche Geräte in den ländlichen Gebieten in reifen Märkten.

© SZ vom 25.02.2008/mia - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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