Computer:Dell drückt auf die pinke Tube

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Eine Prise Originalität könnte nicht schaden, dachte man sich bei Dell. Und brachte etwas Farbe ins graue Einerlei. Aber reicht das schon zum Imagewandel?

Moritz Jäger

Michael Dell, Gründer und neuerdings wieder Chef des Computerbauers Dell, sah seine Felle davonschwimmen.

Zu lange hatten er und sein zwischenzeitlicher Nachfolger, Kevin Rollins, in den vergangenen Jahren das Unternehmen auf Effizienz getrimmt. Dennoch verlor Dell 2006 die Marktführerschaft in der Notebook-Sparte an Hewlett-Packard (HP). Höchste Zeit zu handeln, dachte sich wohl Firmenboss Dell.

Eine massive Werbekampagne, die in dieser Woche anläuft, soll die stagnierenden Verkaufszahlen ankurbeln und das Image wandeln - weg von spröde, hin zu glamourös.

Großformatige Banner und knallige TV-Spots zeigen die ehemals aschgrauen Dell-Laptops in farblich neuem Gewand: Vier Notebook-Typen sind neuerdings in acht Farbvarianten zu haben, zum Beispiel in Frühlingsgrün, Pink oder Mitternachtsblau.

Ein Fernsehspot etwa zeigt ein Pärchen am Strand - sein Laptop ist farblich exakt auf ihren grellpinken Bikini abgestimmt. Die Musik stammt von der Band Falming Lips. Am 21. Juli soll die Dell Urban Challenge von Tausenden Teilnehmern in neun US-Städten ausgetragen werden - eine Mitmachaktion, mit der Dell die Aufmerksamkeit bei trendbewussten jungen Kunden wecken will.

Solche PR wäre früher undenkbar gewesen - Michael Dell zieht alle Register. Nicht nur die langweilige Fassade will er auffrischen, sondern das Unternehmen komplett neu positionieren. Denn in den vergangenen Jahren hat die Originalität gelitten.

Direktvertrieb ade

Mit Direktvertrieb hat es Dell einst an die Spitze der Branche geschafft - eine kuriose Erfolgsgeschichte. Der junge Firmengünder galt als Pionier und Visionär.

Dell erkannte, dass er übers Internet und das Telefon Computer günstiger verkaufen konnte als die Konkurrenten. Der entscheidende Pluspunkt: Dell sparte sich damit teure Werbe- und Verkaufsflächen.

Die Rechnung ging lange auf - doch inzwischen wünschen sich Verbraucher mehr als nur tadellos funktionierende Technik. So macht etwa Apple auch deshalb glänzende Geschäfte, weil iPod und iPhone als sexy Accessoires gelten.

Der Wettbewerb wurde zusätzlich verschärft, als Apple sich im vergangenen Jahr dem Windows-Betriebssystem von Microsoft öffnete. Seitdem gelten Notebooks mit weißer Acryloberfläche auch abseits kreativer Milieus als Must Have.

Nicht nur Dell, sondern auch Hersteller wie Acer, Fujitsu-Siemens oder Toshiba haben dieser Entwicklung zu lange und wie in Schockstarre zugesehen. Mit teils absurden Schattenkämpfen wurde um das Quäntchen mehr an Prozessorleistung oder Akkudauer gekämpft.

Doch große Schritte sind bei der Technik auf absehbare Zeit nicht drin. Nun muss offenbar bei Dell plötzlich ein Image her - am besten fein, filigran und feminin.

Die Zeiten ändern sich

Im Zuge der neuen Kampagne kauft Dell zum ersten mal Werbeseiten in Hochglanzmagazinen wie GQ oder Oprah.

Doch warnen Marketingexperten bereits, es bringe nichts, knallbunte Geräte bei Wal-Mart in die Regale zu stellen. Sie sähen es lieber wenn Dell wieder an der Wurzel des einstigen Erfolgs anknüpfte: dem Direktvertrieb.

"Mit diesem Geschäftsmodell hat sich Dell definiert und identifiziert", sagt Marketingexperte Allen Adamson.

Doch den Reset-Knopf drücken will man bei Dell nicht. Zita Cassizzi, Vizepräsidentin und zuständig für Kundenmarketing, beteuert, der Direktvertrieb werde immer die Wurzel von Dell bleiben. Aber sie betont, man müsse sich auch an Marktgegebenheiten und Kundenwünsche anpassen.

Dazu braucht es neue Gesichter: Vor kurzem wurde Mark Jarvis, ehemals bei Oracle, als Chief Marketing Officer vorgestellt. Vergangene Woche wurde der Vertrag mit der PR-Agentur BBDO, mitverantwortlich für die neue Kampagne, wegen Interessenskonflikten gekündigt.

370,9 Millionen Dollar gab Dell 2006 für Werbung aus. Zu den Kosten der aktuellen Kampagne gibt es noch keine Zahlen - nur bunte Farben.

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