Commerzbank-Chef Blessing:Der Eisbrecher

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Der neue Commerzbank-Chef Martin Blessing hat in den kurzen fünf Monaten seiner Amtszeit fast alle Probleme bekommen, die man als Bankchef kriegen kann.

Martin Hesse

Martin Blessing ist nicht über Bord gegangen bei seiner ersten Fahrt als Commerzbank-Chef auf der Cherry Blossom. Man muss das betonen, obwohl die Bank Routine mit ihrer jährlich anlässlich der Herbsttagung von IWF und Weltbank veranstalteten Raddampferfahrt auf dem Potomac hat.

(Foto: Foto: AP)

Denn Blessing hat in den kurzen fünf Monaten seiner Amtszeit ansonsten fast alle Probleme bekommen, die man als Bankchef kriegen kann: Nach 109 Tagen kündigte er den Kauf der Dresdner Bank und damit die größte deutsche Bankenfusion an; dann taumelte er mit der Commerzbank wie die übrige Finanzwelt in eine Systemkrise; und jetzt hat Blessing die zweifelhafte Ehre, als Eisbrecher für die Nutzung des deutschen Bankenrettungsschirms durch die Privatbanken zu dienen.

Trotz alledem hat Blessing - der zwar groß ist, aber nicht gerade die Statur eines Seebären hat - Haltung bewahrt. Als harter Arbeiter galt der 45-jährige Banker schon immer.

In diesen stürmischen Zeiten scheint er sich aber erst recht geschworen zu haben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Er treibt die Fusion mit der Dresdner gegen alle Widrigkeiten voran. Manch einem geht das sogar zu schnell, hört man aus der übernommenen Bank. Andere loben Blessing dafür, dass er versuche, den Mitarbeitern schnell Klarheit über ihre Zukunft zu verschaffen.

Faust in der Tasche

Schnörkellos und sachlich ist Blessing im persönlichen Gespräch. Die große Bühne aber überlässt er anderen. Auch an der öffentlichen Diskussion um den staatlichen Rettungsschirm beteiligte er sich nicht, informierte nur, dass seine Bank das Paket prüfe.

Dass ihm die Zurückhaltung nicht immer leichtfällt, hörte man an diesem Montag. Als Blessing auf den jüngsten Auftritt von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann angesprochen wurde, der via ZDF noch einmal erklärt hatte, dass die starke Deutsche Bank keine staatliche Hilfe brauche, schwache Banken sie aber in Anspruch nehmen sollten, da sagte der Commerzbank-Chef: Sie haben es ja gehört, dem ist nichts hinzuzufügen.

Und man hörte förmlich, wie der ehrgeizige Bankchef dabei die Faust in der Tasche ballte. Blessing wird jetzt noch eine ganze Weile gegen die Wahrnehmung kämpfen müssen, er führe eine schwache Bank und habe sich mit dem Kauf der Dresdner übernommen.

Helfen könnte ihm dabei zweierlei: Erstens kommt der frühere McKinsey-Mann zwar aus einer prominenten Bankiers-Familie; sein Großvater war der erste Bundesbankpräsident, sein Vater saß im Vorstand der Deutschen Bank.

Doch Blessing musste in seiner Laufbahn auch einige Niederlagen einstecken und hat sich letztlich durch Hartnäckigkeit und analytische Fähigkeiten nach ganz oben gearbeitet. Zweitens kommt ihm zugute, dass er mit dem Versicherungskonzern Allianz und der Bundesregierung zwei mächtige Verbündete hat.

Beide wollen die Fusion der Commerzbank mit der Dresdner Bank nicht scheitern sehen. Und so stehen die Chancen gut, dass Blessing auch bei der nächsten Fahrt der Cherry Blossom der Bordkapelle den Einsatz gibt.

© SZ vom 04.11.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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