Clement:Arbeiten statt Feiern

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Die Deutschen sollen wieder länger arbeiten, findet Wirtschaftsminister Clement. Zwischen der hohen Zahl der Feiertage und der schlappen Konjunktur bestehe ein deutlicher Zusammenhang.

"Wir sind, was Urlaubszeit, Feiertage und Arbeitszeit angeht, zweifelsohne an der Grenze angelangt", sagte der Minister dem Magazin Stern.

Da wo die Hand ist, ist offenbar die Obergrenze der Freizeit: Superminister Wolfgang Clement. (Foto: dpa)

"Wer unseren Feiertagskalender mit dem anderer Staaten vergleicht, der kann auch ins Grübeln kommen." Clement verwies darauf, dass im nächsten Jahr das Wirtschaftswachstum bis zu 0,5 Prozent höher ausfallen werde, weil eine Reihe von Feiertagen auf Wochenenden falle.

Mit Blick auf den Streik der IG Metall für die 35-Stunden-Woche auch in Ostdeutschland sagte er: "Das ist ein Konflikt zur falschen Zeit am völlig falschen Ort."

Gewerkschaften verteidigen Streiks

Die Gewerkschaft verteidigte dagegen die Streiks: Wer wie Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt den Arbeitskampf in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie mit Erpressung gleichsetze und den Gesetzgeber auffordere, Tarifautonomie und Streikrecht Fesseln anzulegen, verlasse den demokratischen Grundkonsens, erklärte der Beirat der IG Metall in Frankfurt.

Eine ähnliche Sicht wie der Minister vertrat am Donnerstag allerdings das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW): Es hält eine längere Arbeitszeit für einen Weg aus der Wirtschaftsflaute.

Das arbeitgebernahe Kölner Institut rechnete aus, dass mit einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde ohne Lohnausgleich noch in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent erreicht werden könnte. Das wäre rund dreimal so viel wie das IW derzeit erwartet.

22 Milliarden Euro

In der zusätzlichen Arbeitszeit könnten die Beschäftigten im zweiten Halbjahr Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 22 Milliarden Euro zusätzlich erwirtschaften, betonte das IW.

Dies werde der Konjunktur einen kräftigen Schub geben und auch im Jahr 2004 mit drei Prozent ein deutlich stärkeres Wirtschaftswachstum bringen.

In das gleiche Horn stieß auch das IFO-Institut für Wirtschaftsforschung: Die Streichung eines Feiertags würde der Wirtschaft rund 3,5 Milliarden Euro im Jahr bringen, rechnete die Münchner Experten aus.

"Müssten alle angestellten Beschäftigten beispielsweise am Pfingstmonatag ohne zusätzliches Entgelt arbeiten, würde das Bruttoinlandsprodukt um rund 3,5 Milliarden Euro steigen", sagte Ifo-Konjunkturchef Jan-Egbert Sturm der Berliner Zeitung.

Fünf-Millionen-Marke

Clement schloss nicht aus, dass die Arbeitslosenzahl im Winter über fünf Millionen steigt. Er erwarte aber, dass die Zahl darunter bleibe und tue "alles, um das zu verhindern".

Clement machte sich auch die Zielmarke des Vorsitzenden der früheren Kommission zur Reform des Arbeitsmarkts, Peter Hartz, zu eigen, der von einem Abbau der Arbeitslosigkeit um zwei Millionen innerhalb von drei Jahren gesprochen hatte.

"Ich bin überzeugt, dass Peter Hartz recht hat, nicht in den Zeitvorstellungen, aber in den Größenordnungen. Wir werden die Arbeitslosigkeit drastisch senken können", sagte Clement.

"Vier bis fünf Jahre"

Allerdings werde es "vier bis fünf Jahre brauchen, bis wir den Arbeitsmarkt wieder in Ordnung haben".

Clement kündigte im Stern zudem an, dass die Regierung mehr zur Stimulierung der Wirtschaft tun werde. Der Konjunktur müsse "mehr Wind unter die Flügel" gebracht werden, sagte der Minister dem Magazin.

Clement äußerte sich zustimmend zu den Plänen von Finanzminister Eichel, die Steuerreform vorzuziehen. "Das wäre natürlich gut für Bürger und Unternehmen und hervorragend für die Konjunktur." Allerdings sei dafür eine "große gemeinsame Anstrengung" mit der Opposition nötig, zitiert das Magazin den Minister.

Wachstumsprognose

Clement schloss nicht aus, zur Kabinettsklausur Ende des Monats eine niedrigere Wachstumsprognose für das laufende Jahr vorzulegen. Man werde, wie bisher, "von fachlich begründeten Einschätzungen" ausgehen, wobei man sich "mehr denn je der Begrenzheit der Prognostik" bewusst sei.

Bisher ging die Bundesregierung von 0,75 Prozent Wachstum im laufenden und zwei Prozent Wachstum im kommenden Jahr aus.

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