Chipsgeschäft:Verkauf mit Hindernissen

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Toshiba will dringend seine Speichersparte an eine von "Bain Capital" geführte Gruppe abgeben. Doch der frühere Partner Western Digital zieht bereits wenige Stunden nach Bekanntgabe gegen diese Pläne vor Gericht.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Schon wenige Stunden nachdem Toshiba sich am Mittwoch entschieden hatte, seine Halbleiter-Abteilung für zwei Billionen Yen, 15 Milliarden Euro, an eine von "Bain Capital" geführte Gruppe zu verkaufen, reichte der frühere Partner Western Digital erneut eine Klage vor Gericht gegen diese Übernahme. Western Digital, die Nummer Drei im Speicherchip-Geschäft, die unter der Marke SanDisk produziert, möchte Toshibas Produktionsstätten, weltweit die zweitgrößten, selber übernehmen. Das Toshiba-Management hält dem entgegen, das Vertrauen sei zerstört.

Toshiba hat es eilig. Das Traditionsunternehmen hat sich mit Buchfälschungen über Jahre und seiner bankrotten Nukleartochter Westinghouse, die nun in den USA unter Gläubigerschutz steht, selber in den Ruin geritten. Um sich aus diesem Schlamassel zu ziehen, hat es die meisten seiner erfolgreichen Abteilungen bereits verkauft, so die Haushaltsmaschinen an Midea, einen chinesischen Konzern, und die Medizintechnik an Canon. Doch die Erlöse aus diesen Verkäufen reichen nicht, Toshibas Finanzlöcher zu stopfen. Ohne den raschen Verkauf der Chip-Herstellung im westjapanischen Yokkaichi wird es dem Restunternehmen, das von Toshiba noch geblieben ist, nicht gelingen, den Konkurs abzuwenden. Wenn die japanische Börse ihre eigenen Regeln befolgen würde, hätte sie Toshiba bereits vom Kurszettel gestrichen. Doch sie ließ Milde walten und relegierte das 142 Jahre alte Unternehmen nur ins zweite Tableau: eine zweite Liga, in deren Titel Pensionskassen zum Beispiel kein Geld anlegen sollen.

Toshiba hat seit Beginn dieses Jahres keine einzige von Buchprüfern beglaubigte Bilanz vorgelegt, die Auditoren haben die Zahlen des Managements zurückgewiesen. Die nicht beglaubigten Zahlen weisen für Toshiba für Ende März einen Negativ-Wert von 581 Milliarden Yen aus, das sind 4,4 Milliarden Euro. Das Unternehmen verdankt es vor allem dem Bankrotteuren gegenüber großzügigen japanischen Konkursgesetz, dass es bisher nicht offiziell pleite ist. Einen zweiten Jahresabschluss mit Negativ-Wert zu ignorieren, kann sich jedoch nicht einmal Tokios Börsenaufsicht leisten. Sollte der Verkauf von Toshibas Speichersparte zu Beginn des nächsten Jahres nicht vollständig und rechtskräftig abgeschlossen sein, geht Toshiba unter.

Zur Gruppe um Bain, einer privaten Investorenfirma aus Boston, gehören zwei vom japanischen Staat finanzierte Auffanggesellschaften, die mit mäßigem Erfolg schon Sonys Computersparte und die Bildschirmherstellung mehrerer japanischer Elektronik-Konzerne gerettet haben. Dazu Hynix, ein koreanischer Halbleiterhersteller. Im Hintergrund außerdem auch Apple und Dell.

Es ist vorgesehen, dass Toshiba knapp drei Milliarden Euro aus dem Verkaufserlös in "Toshiba Memory" reinvestiert. Hynix gab am Donnerstag allerdings bekannt, die Modalitäten der Übernahme stünden noch nicht fest. Toshiba hatte sich im Juli unter drei Favoriten schon einmal für die Gruppe um Bain entschieden, doch damals scheiterte der Verkauf am Anspruch von Hynix, mehr als nur ein Anleger beim Konkurrenten zu sein. Deshalb öffnete Toshiba damals den Kreis der Kandidaten wieder. Am 24. Oktober soll eine außerordentlichen Generalversammlung Toshibas über den Verkauf entscheiden, das letzte Wort dürften allerdings die Richter haben.

© SZ vom 22.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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