China: Zentralbankchef Zhou Xiaochuan:Viele Fragen nach kurzer Flucht

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Zhou Xiaochuan ist ein international renommierter Finanzexperte - doch plötzlich sollte er sich bei Staatsanleihen verzockt haben und auf der Flucht in die USA befinden. Die Gerüchte erwiesen sich als falsch, aber warum kamen sie überhaupt auf?

Marcel Grzanna

Chinas Zentralbankchef Zhou Xiaochuan zählt zu den Finanzexperten, die Chinas Bankensektor internatonal Prestige und Respekt verschafft haben. Unter anderem der frühere Bundespräsident und Chef des Internationalen Währungsfonds, Horst Köhler, ist enorm begeistert von Zhou und dessen Ideen. Dass Chinas Zentralbankchef zu Wochenbeginn seine Ideen mit einer japanischen Finanzdelegation erörterte, klingt wie ein Routinetermin - und bedeutete doch viel mehr.

Zhou Xiaochuan (rechts) ist ein international renommierter Finanzexperte - ist er der Politkaste Chinas zu mächtig? (Foto: dpa)

Denn kurz zuvor waren Gerüchte aufgetaucht, dass Zhou für erheblichen Schaden gesorgt hätte. 430 Milliarden US-Dollar soll der Oberbanker bei Investitionen in US-Staatsanleihen in den Sand gesetzt haben - eine Summe, die sogar die mit Devisenreserven im Billionenbereich ausgestattete Volksrepublik schmerzen würde, weswegen schon über unangenehme Konsequenzen für Zhou berichtet wurde.

Angeblich hatte Zhou das Land bereits fluchtartig in Richtung USA verlassen, um sich einer Bestrafung zu entziehen. Basis für die Meldung war ein chinesisches Nachrichtenportal, das seine Informationen an die Hongkonger Nachrichtenagentur Ming Pao weitergegeben hatte. Von dort landete die Geschichte auf der Internetseite der US-Denkfabrik Stratfor.

Doch spätestens als die japanische Finanzdelegation bestätigte, dass sie den Mann am Montag in Peking persönlich getroffen hatte, stellte sich die Flucht von Zhou als Ente heraus. Und was ist mit dem Verlust der 430 Milliarden US-Dollar? Auch das scheint nicht richtig zu sein, denn es gibt wenig Hinweise darauf, dass Chinas Zentralbank eine solche Summe verloren hat. Das Verhältnis vom US-Dollar zum Renminbi ist trotz erweiterten Spielraums für die chinesische Landeswährung insgesamt stabil geblieben, und so schlecht haben sich US-Anleihen nun auch nicht geschlagen, dass sie ein solches Loch hinterlassen könnten.

Dennoch bleibt die Frage, weshalb über den Finanzexperten plötzlich solche Berichte durch die Welt geistern. Es folgten zwar Dementi in chinesischen Staatsmedien, und die Zentralbank veröffentlichte Fotos von Zhou während des Treffens am Montag mit den Japanern. Doch es bleiben Spekulationen. Zhou gilt als politisch ambitioniert. Ihm wurde auch ein gutes Verhältnis zum früheren Parteichef Zhao Ziyang nachgesagt, der wegen seiner Bereitschaft zu massiven politischen Reformen im Land seit 1989 bis zu seinem Tod unter Hausarrest stand.

Beobachter halten all das für Indizien dafür, dass Zhou innerhalb der Kommunistischen Partei mächtige Gegner hat, die seinen weiteren politischen Aufstieg verhindern wollen. Die jetzt gestreuten Gerüchte über das angebliche Versagen und die vermeintliche Flucht von Zhou in die USA können als erste Schritte für die Demontage des Bankers gewertet werden. All das Renommee, das er dem Finanzsektor beschert hat, wird ihn dann nicht halten können.

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