Chefwechsel bei EnBW:Die neue Nüchternheit

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Überraschend verkündete Utz Claassen jüngst seinen Rücktritt als Chef des Stromversorgers EnBW. Jetzt gibt es einen Nachfolger: Hans-Peter Villis.

Von Karl-Heinz Büschemann

Die Umstände seiner Berufung sind undurchsichtig. Eigentlich sah es lange nicht so aus, als brauche der Energieversorger EnBW einen neuen Chef. Utz Claassen, der wuchtige Chef des Karlsruher Unternehmens, schien fest im Sattel zu sitzen.

Dann kündigte der 44-Jährige im Juni überraschend an, mit dem Ablauf seines Vertrages Ende April 2008 aus dem Konzern auszuscheiden. Seitdem ist Hans-Peter Villis im Gespräch für diesen Posten. Am Donnerstag bestellte der Aufsichtsrat den 49-Jährigen nun offiziell zum Nachfolger Claassens.

Der für das Tagesgeschäft zuständige Vorstand Pierre Lederer, der einzige Franzose im Vorstand, wurde zum stellvertretenden Vorstandschef ernannt.Er soll sein Amt im Oktober antreten. Die Verträge von Bernhard Beck (Personal) und Christian Holzherr (Finanzen) wurden verlängert.

Villis, 49, ist ein alter Hase im Versorgungsgeschäft. Er sitzt im Moment als Finanzchef der Eon-Tochter Nordic im schwedischen Malmö. Bis Ende 2002 war Villis Finanzvorstand des Versorgers Gelsenwasser.

Dann übernahm er im Eon-Konzern die Leitung der Konzerntochter Eon Westfalen Weser, der zu den größeren Regionalversorgern gehört.

Der Neue muss mit schwierigen Anteilseignern zurecht kommen

Villis wird als ein nüchterner und sachlicher Manager beschrieben, der eine wichtige Voraussetzung für EnBW mitbringt: Er hat in Schweden - wenn auch nur ein Jahr lang - ein paar Auslandserfahrungen sammeln können.

Er sagt auch von sich, dass er kommunale Anteilseigner kennt. Beides wird ihm in seiner neuen Rolle helfen.

Denn sowohl der französische Energiekonzern EDF als auch der Kommunalverband Oberschwäbische Energieversorger sind schwierige Anteilseigner. Beide besitzen an EnBW jeweils 45,01 Prozent und sie halten sich gegenseitig in Schach.

Und beide haben auch eine politische Agenda. Die Oberschwaben sind ein Zweckverband von Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften. Sie haben klare politische Interessen bei der Energieversorgung ihrer Region. Aus EDF zieht sich der Staat nur sehr zögerlich zurück.

Für Villis wird es schwer, beide Interessen zusammenzubringen. Es sieht so aus, als sei dem selbstbewussten Claassen dieser Spagat nicht gut geglückt.

Zuletzt hieß es, Villis sei der Wunschkandidat der Franzosen. Villis war bereits in Paris, um sich dort vorzustellen. Erst dann reiste er nach Baden-Württemberg, damit sich der dortige Großaktionär ein Bild von ihm machen konnte.

Aber auch der EnBW-Aufsichtsratschef Claus Dieter Hoffmann, schätze ihn, heißt es. Das Ausscheiden Claassens und die Berufung von Villis vermittelt den Eindruck, dass es bei EnBW derzeit um mehr geht als um eine Vorstandsbesetzung.

Auch bei anderen Posten im Vorstand gibt es Änderungen. Es ist daher zu erwarten, dass es bei EnBW in der näheren Zukunft weitere Debatten und Kämpfe um die Strategie geben wird.

© SZ vom 06.07.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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